Oberdeck des Parkhauses

„Warst Du schon einmal im neuen Parkhaus ganz oben und hast von dort den traumhaften Blick auf unsere Stadt genossen?“ fragte mich neulich mein Freund R. Bei nächster Gelegenheit nahm ich seine Anregung auf und fuhr statt auf meinen Lieblingsparkplatz im Erdgeschoss die beiden weiteren Parkhausetagen hinauf auf das Oberdeck. Ich staunte über den ganz anderen Ausblick auf unsere Stadt und fragte mich, weshalb ich bislang nie die Idee hatte, in dem zentral in der Stadt gelegenen Parkhaus einmal ganz nach oben zu fahren und meine Wahlheimat aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

Der neue Blick auf unsere Stadt löste eine Reihe von Fragen bei mir aus: Wann hatte ich zum letzten Mal meine Perspektive in einer beruflichen oder privaten Situation gewechselt? Wie oft bin ich in beruflichen oder privaten Situationen im Erdgeschoss stehen geblieben, anstatt ein paar Meter höher zu fahren, einen herrlichen Rundblick zu genießen und von dort aus möglicherweise neue Zusammenhänge zu erkennen? Wann habe ich das letzte Mal versucht, meine Perspektive zu wechseln?

Damit ich die Perspektive wechseln kann, brauche ich Mut. Denn nicht immer wird sich ein so traumhafter Anblick bieten wie bei meinem kleinen Parkhausabenteuer, wenn ich eine Situation von einem anderen Standpunkt aus betrachten muss. Manchmal werde ich Erfahrungen machen, die mir weniger gefallen. Etwa, wenn ich als Chef lernen muss, dass nicht ich, sondern meine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit einem frischen und neuen Blick auf einen im Betrieb lang gewohnten Arbeitsablauf wieder Schwung in die Produktionsabwicklung bringen. Oder, wenn ich gezwungen werde, wahrzunehmen, dass meine lang gehegten Vorurteile gegenüber meinem Nachbarn sich in Luft auflösen, wenn ich ihn näher kennen- und am Ende schätzen lerne. Wenn ich die Herausforderungen des Lebens immer aus meiner Perspektive betrachte, kann dies bequem sein. Eine unvertraute Situation kreativ anpacken, innovative Ideen entwickeln oder gar mein Gegenüber verstehen, gelingt mir allerdings meist nur dann, wenn ich meine mir sehr vertraute Sichtweise verlasse und meine Perspektive wechsle. Wie sagt ein indianisches Sprichwort? Urteile nicht über andere, ehe Du nicht einen Monat lang in ihren Mokassins gegangen bist.

Danke lieber Freund R.

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

 

1.) Wenn Sie mit einer Frage oder einer Herausforderung nicht weiter kommen, versuchen Sie unter anderem, die räumliche Perspektive zu wechseln. Ändern Sie den Blickwinkel, in dem Sie Ihren gewohnten Standort verlassen und sich woanders hinsetzen oder hinstellen, verlassen Sie den Raum und betrachten die Dinge von außen oder steigen Sie sich selbst buchstäblich aufs Dach und gehen Sie ins oberste Stockwerk oder aufs Dach Ihres Arbeitsplatzes und gewinnen Sie so den Überblick.

2.) Versetzen Sie sich selbst in eine andere Zeit. Wie hätten Ihre Großeltern das Problem lösen können oder müssen?

3.) Übertragen Sie das Sprichwort der Indianer immer mal wieder in Ihren beruflichen Alltag und gehen Sie eine Weile in den Schuhen der anderen, ehe Sie wieder in Ihre eigenen schlüpfen und dann Ihre neu gewonnenen Erfahrungen mit Ihrer bisherigen Sichtweise kreativ verbinden.

4.) Trainieren Sie Ihre Selbstsicherheit, sie hilft Ihnen, sich auf die Risiken einzulassen, die ein Perspektivenwechsel – neben den Chancen – immer in sich trägt.

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