Zufriedenheit als Karriere

Kaum habe ich es geschafft, meinen Klienten mit Handschlag zu begrüßen, stürmt er schon in das Beratungszimmer, setzt sich hin und fängt sofort an zu reden. Er arbeite sehr viel, berichtet er, sein Chef sei sehr zufrieden mit ihm und bis auf einen Kollegen, der ihn lange kenne und ihm neulich vertraulich mitgeteilt habe, er befürchte, er wäre inzwischen ein „Workaholic“, glauben die übrigen Kolleginnen und Kollegen, dass er noch eine große Karriere vor sich habe in dem Unternehmen, für das er als Logistikfachmann arbeitet. Seine Frau, erzählt er dann, die selbst einen gut bezahlten und fordernden Beruf ausübt, meint jedoch, er solle seine zeitintensive berufliche Situation einmal mit einem Psychologen besprechen. Das habe er jedoch nicht gewollt, er wolle vielmehr im Coaching seinen nächsten Karriereschritt planen, in seinem bisherigen Unternehmen oder auch an einem ganz anderen Ort.

Vorsichtig arbeiten wir heraus, dass wir es offenbar mit ganz unterschiedlichen Botschaften seiner Umgebung zu tun haben, die seine Arbeit und seine künftigen Möglichkeiten betreffen. Während ihn sein Chef darin unterstützt, seine Karriere weiter voran zu treiben, attestieren ihm seine Frau und ein Kollege, dass schon seine derzeitige Situation ihm nicht zwingend gut tut, und er dann womöglich noch hektischer werde. Im weiteren Verlauf des Gesprächs entdeckt er, dass er selbst gar nicht so genau weiß, was er will. Vielmehr fühlt er sich von zwei Seiten geschickt und bedrängt. Meinen Vorschlag, erst einmal ganz ruhig seine derzeitigen beruflichen Aufgaben und seine Fähigkeiten anzusehen und zu hinterfragen, lehnt er zunächst als nicht relevant für seine Fragestellung ab. Nach einigen Umwegen über seinen beruflichen Alltag, die sich immer wieder in den Vordergrund drängenden tagesaktuellen Probleme in den weiteren Sitzungen überzeugt ihn die Frage, ob er denn tatsächlich seinen Traumberuf ausübe, so wie er ihn sich einmal erträumt hat. Zu seiner eigenen Überraschung stellt er fest, dass er gar nichts anderes will, als seinen jetzigen Beruf, mit all den Möglichkeiten, die dieser im Rahmen seines Aufgabengebiets noch bieten kann. Bei ihm kehrt im Laufe der Beratung eine Zufriedenheit ein, die es ihm ermöglicht, trotz großer beruflicher und privater Herausforderungen gelassener zu werden. Er entdeckt wieder für sich, dass er entscheidet, was ihm gut tut und nicht seine Umgebung.

 

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

1.) Manchmal wissen wir gar nicht, dass wir nicht unsere eigenen Träume und Ziele verfolgen, sondern vielmehr die unserer Umgebung. Wir sind jetzt „reif“ für den nächsten Karriereschritt heißt es da beispielsweise. Oder wir sind doch schon so lange an einem Ort, wäre ein Ortswechsel nicht angebracht und besser für unsere berufliche Zukunft?

 

2.) Wenn Sie gut gemeinte Ratschläge bekommen, dann prüfen Sie ganz ruhig und gelassen, ob diese wirklich für Sie stimmen. Vielleicht hilft Ihnen dabei, wenn Sie sich einen zweiten Stuhl im Raum aufstellen, auf dem Sie immer dann Platz nehmen, wenn Sie eine Beratung für eine Frage brauchen. Versetzen Sie sich in die Rolle einer guten Beraterin, eines guten Beraters und lassen Sie diese zu Ihnen sprechen. Denn meist wissen wir sehr genau, was uns gut tut. Manchmal ist es nur einfacher und bequemer, uns nach den Maßstäben der anderen zu orientieren und ihre Ratschläge versuchen umzusetzen, anstatt unseren eigenen Träumen nachzugehen und zufrieden und gelassen unseren Beruf zu leben.

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