Alle unsere Suiten liegen zum Meer…

… Wie gerne lassen wir uns durch solche Sätze im Urlaubsprospekt dazu überreden, das hübsch fotografierte Hotel zu buchen. Am Ferienort entdecken wir dann, dass alle Suiten tatsächlich zum Meer liegen, davor jedoch weitere Hotelkomplexe stehen, die uns den Blick verstellen. Wir haben uns von unserer eigenen Vorstellung manipulieren lassen.

Gezielt eingesetzte Manipulationen erleben wir täglich. Der Chef drängt auf ein rasches Ende einer für ihn unangenehmen Sitzung mit dem Hinweis, dass er in Kürze einen für das Unternehmen wichtigen Gesprächspartner erwartet. Unsere Kollegen begegnen uns mit Sätzen wie: „Niemand mit gesundem Menschenverstand kann jetzt gegenteiliger Meinung sein…“. „Ich verstehe nicht, weshalb Sie den vorgeschlagenen Vorgang kritisieren. Alle anderen sind mit dem Weg einverstanden…“. Nicht immer erkennen wir in solchen Situationen, dass wir von unserem Gegenüber zu etwas überredet werden, das wir gar nicht wollen und das gegen unsere Interessen ist. Wir haben beispielsweise weiterhin gute Argumente, den vorgeschlagenen Vorgang zu kritisieren, trauen uns jedoch nicht, uns allein gegen die heraufbeschworene Gemeinschaft „alle“ zu stellen.

Den anderen bewusst zu manipulieren heißt, sich unfair zu verhalten. Zum Beispiel unserem Kollegen wichtige Informationen vorzuenthalten, Scheinargumente vorzutragen und damit vom eigentlich zu diskutierenden Thema abzulenken. Manipulation ist es, wenn wir unser Gegenüber als Person angreifen, anstatt uns sachlich mit seinen Argumenten zu befassen; wenn wir unser Gegenüber absichtlich missverstehen; wenn wir seine Äußerungen ständig unterbrechen oder wenn wir eine geplante Diskussion gleich zu Beginn mit den Worten abwürgen, dass wir sie für überflüssig, wenig zielführend oder für zu zeitaufwendig erachten.

Manipulationen lassen sich nicht immer erkennen und oft fällt es uns schwer, uns dagegen zu wehren. Hilfreich ist es bei Manipulationen, immer wieder zu versuchen, selbst sachlich zu bleiben, zu agieren, statt nur zu reagieren und in Gesprächen und Verhandlungen die Initiative zu behalten oder zu ergreifen, zielbewusst zu handeln, falls möglich, die Manipulation offen anzusprechen und bei für uns ungenauen Aussagen nach konkreten Angaben zu fragen. Gelingt uns dies, werden wir im nächsten Urlaub von unserem Hotelzimmer aus einen schönen Ausblick auf das Meer haben.

 

Checkliste

1.) Nicht immer möchten wir bewusst manipulieren, etwa, wenn wir in einer hitzigen Diskussion unserem Gegenüber in das Wort fallen.

2.) Manipuliert jemand bewusst, ist es hilfreich, dies zu erkennen und Strategien dagegen zu entwickeln. Etwa, in einer Sitzung möglichst sachlich und gelassen zu bleiben. Sich dabei gut auf ein bekanntes Gesprächsthema vorzubereiten, kann sich als zusätzliche Abwehr gegen bewusste Manipulation auszahlen.

3.) Angriffe auf die eigene Person, z. B. auf die eigene Vertrauenswürdigkeit, lassen sich abwehren, indem wir die vorgetragene Kritik als für das Gespräch unwichtig erklären oder indem wir sie ignorieren und auf der Sachebene weiter diskutieren.

4.) Wir können uns einer Manipulation oft besonders schwer entziehen, wenn sie uns als Teil einer Gemeinschaft anspricht. Etwas, wenn unser Kollege findet, dass die Geschäftsführung zu wenig führt und wir als die Mitarbeiter diese Schwäche im beruflichen Alltag ausbaden müssen.

5.) Von der Verführung durch Werbung hin zur Manipulation sind die Übergänge fließend. Gefällt uns eine Werbung, genießen wir sie. Ärgert sie uns, fühlen wir uns oft manipuliert.

 

Tipps zum Lesen

Edmüller, Andreas, Wilhelm, Thomas, Manipulationstechniken

2011, Haufe-Lexware, ISBN: 9783448092981

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