Autrittsangst

„Ich habe in zwei Wochen seit 15 Jahren zum ersten Mal wieder ein Vorstellungsgespräch. Mich packt die nackte Angst bei der Vorstellung, dass mich dann mindestens fünf Personen anstarren werden. So viele wurden mir jedenfalls angekündigt.“ Mit diesen Worten umreißt Michael W. sein Ziel für die Beratung. Dabei klingt alles erfolgsversprechend: Der gelernte Diplomingenieur hatte sich nach langem Zögern entschlossen, seine Tätigkeit in einem Ingenieurbüro für Umwelttechnik aufzugeben und mit 45 Jahren noch einmal neu anzufangen. Auf seine Initiativbewerbung bei seinem bevorzugten Unternehmen in der Umwelt- und Solarindustrie bekam er sofort eine Einladung für ein Gespräch. „Ich hatte schon vor 15 Jahren Angst vor Bewerbungen und Vorstellungen. Trotz langer Berufserfahrung ist diese nicht kleiner geworden. Ich war in den letzten Jahren auch kaum dazu gezwungen, irgendwie öffentlich aufzutreten.“

Angesichts der Kürze der Zeit bis zum vereinbarten Bewerbungstermin konzentriert er sich nach einer intensiven Kurzberatung zunächst darauf, sich selbst positiv auf das Gespräch einzustellen und damit seine Angst etwas zu minimieren. Bis zum Bewerbungsgespräch sagt er mindestens einmal am Tag laut zu sich selbst den Satz ‚ich bin souverän und ein guter Ingenieur mit Blick für das Wesentliche‘. Dabei versucht er, sicher und stabil auf beiden Füßen zu stehen, und am Ende der gesprochenen Worte bekräftigt er diese mit einer kräftigen Armbewegung und einem lauten ‚Ja‘ wie ein Fußballspieler nach einem Tor. Weiterhin bittet er seinen besten Freund, ihm bis zum Vorstellungstermin täglich zu einer festgelegten Uhrzeit eine SMS mit einer unterstützenden Botschaft zu schicken. Seither liest er jeden Morgen, ‚Du bist gut und Du schaffst es‘.

Mindestens zwei Drittel aller Menschen fühlen sich unwohl, nervös oder ängstlich, wenn sie sich in oder vor einer Gruppe zeigen möchten oder müssen. Sie empfinden Auftrittsangst. Vielfach verdrängen wir diese Angst und hoffen, unser Gegenüber wird sie nicht sehen oder spüren. Und oft sind wir fest davon überzeugt, wir können sie nicht loslassen, sie wird uns immer begleiten. Stellen wir uns allerdings unserer „Auftrittsangst“ und akzeptieren, dass sie uns behindert im sicheren Auftritt bei einem Bewerbungsgespräch, bei einem Vortrag oder bei einer Prüfung, dann sind wir schon den wichtigen ersten Schritt gegangen, um unsere Auftrittsangst abzubauen. Mit Hilfe eines gezielten Auftrittscoaching lässt sich die Auftrittsangst dann sukzessive aufzulösen oder abschwächen.

Michael W. hat sich nach dem erfolgreich verlaufenen Bewerbungsgespräch der selbst gewählten Herausforderung, seine Auftrittsangst zu verringern, weiter gestellt und ist heute ein gefragter Referent für Solartechnik und Umweltfragen seines Unternehmens.

 

Checkliste

 

1.) Beim Auftrittscoaching versuchen Klient und Berater, das Gefühl des sich unsicher fühlens, sich unwohl fühlens bei einem Auftritt, z. B. einer Prüfung, einem Vorstellungsgespräch, einer Präsentation oder einem Vortrag, allmählich abzubauen.

Der erste Schritt ist dabei das Akzeptieren der Auftrittsangst.

 

2.) Gezielte Strategien, wie das Aktivieren bejahender innerer Begleiter und innerer Ressourcen, eine stabile Körperhaltung und positive Sätze im Selbstgespräch helfen, die Auftrittsangst zu verändern und das ‚sichere Auftreten‘ zu unterstützen.

 

3.) Ziel des Auftrittscoaching ist es, dass es dem Klient gelingt, sich mit Hilfe von für ihn richtigen Techniken weniger gestresst zu fühlen, wenn er seinen ‚Auftritt‘ hat.

Tipps zum Lesen

Bohne, Michael, Klopfen mit PEP – Prozessorientierte Energetische Psychologie in Psychologie und Coaching, 2010, Carl Auer Verlag, ISBN: 9783896707307

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