Das Gehirn als Partner

Spiegelt sich das Genie eines Menschen in der Anatomie seines Gehirns wieder? Diese und viele andere Fragen stellt sich gerade eine Ausstellung in der Wellcome Collection (www.wellcomecollection.org) in London. Gezeigt wird unter anderem ein Teil eines Gehirnquerschnitts von Albert Einstein. Die entscheidende Frage der erst ab 14 Jahren zugelassenen Ausstellung lautet allerdings, weshalb haben wir uns eigentlich Jahrzehnte lang vorwiegend auf den Bau, auf die Anatomie des Gehirns konzentriert? Heute ist dies anders. Seit einigen Jahren wissen selbst wir Laien, welche Erkenntnisse und Chancen uns die modernen Neurowissenschaften bieten. Zum Beispiel, dass unser Gehirn selbst dann noch neue und funktionstüchtige Nervenzellen bildet, wenn es bereits ausgeformt und ausdifferenziert ist. Lange Jahre galt dies als unmöglich. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist, dass wir unser Gehirn immer wieder fordern und anregen. Nicht zuletzt, indem wir uns regelmäßig körperlich bewegen. Täglicher Schulsport müsste einer der logischen Konsequenzen aus diesen Kenntnissen ein. Fest steht offenbar auch, dass sich unsere Nervenzellen umso weiter verzweigen, je mehr Anregungen, je mehr Input wir unserem Gehirn verschaffen. Ein derart ausgeprägtes Gehirn ermöglicht uns dann vielfältige Ausdrucks- und Reaktionsmöglichkeiten. Mit anderen Worten, ermöglichen wir uns immer wieder neue Erfahrungen, trainieren wir unser Gehirn gezielt und auf unterschiedliche Art und Weise, dann können wir bis ins hohe Alter die „Gestalt“ unseres Gehirns verändern. Die Neurowissenschaft spricht hierbei von neuronaler Plastizität, von der Eigenschaft der Nervenzellen, sich je nach ihrem Gebrauch anpassen zu können. Wichtig scheint dabei zu sein, dass wir unserem Gehirn ausreichend Zeit geben, das Neue zu trainieren. Frisch zu lernende Dinge gilt es deshalb so lange und konsequent zu wiederholen, bis sich die entsprechenden neuen Verknüpfungen im Gehirn hergestellt haben.

Übertragen auf die berufliche Weiterentwicklung von uns heißt dies: Wollen wir seit langem uns beherrschende Glaubenssätze abbauen und verändern, z. B. innere Überzeugungen, wie, ‚ich bin nicht gut genug‘, ‚mir fehlen zu viele Möglichkeiten, einen anspruchsvolleren Beruf auszuüben‘, dann kann uns ein gezieltes Training helfen, diese Glaubenssätze allmählich zu verabschieden. Sie lassen sich überschreiben durch neue, unterstützende Einsichten für unser Selbstbewusstsein, wie, ‚ich schaff das‘, ‚ich bin okay‘. Neuronale Plastizität und effektives Coaching gehen so Hand in Hand.

Checkliste

 

1.) Wir erlernen immer dann etwas erfolgreich neu, wenn wir uns Zeit dafür geben und wenn wir das neu zu Lernende regelmäßig wiederholen. Möglichst einmal täglich. Träumen wir beispielsweise davon, in uns vorhandene und uns behindernde Überzeugungen zu verändern oder aufzugeben, dann kann uns dies z. B. mit in einem Coaching oder einer Therapie ausgearbeiteten, regelmäßigen Ritualen gelingen. Hilfreich können auch Visualisierungen von unseren Zielen sein, die wir mit einfachen Sätzen begleiten (Autosuggestion).

 

2.) Es scheint so zu sein, dass sich unser Gehirn dann besonders gut neu organisiert, wenn es einem gewissen Rhythmus ausgesetzt ist, wie beim regelmäßig selbst musizieren, bei sich wiederholt ausgeübten Ritualen, wie etwa beim schnellen Gehen, Walken oder Laufen. Steve Jobs beispielsweise hat für ihn entscheidende Gespräche mit seinen Gesprächspartnern fast alle bei einem recht schnellen Spaziergang geführt, er lief dabei oft barfuß durch seinen kalifornischen Wohnort Palo Alto.

 

3.) Wir können unsere Glaubenssätze auch verändern, in dem wir unsere inneren Bilder von uns abwandeln, in dem wir mit allen Sinnen einen Kinofilm in unserem Kopf abspielen, der unsere Wünsche und Ziele zeigt. Senioren wurden in einem psychologischen Experiment (Ellen Langer, 1991) dazu eingeladen, sich statt wie Senioren wie Zwanzigjährige zu fühlen und sich so zu benehmen. Schon nach wenigen Tagen hörten und sahen sie wieder besser, waren beweglicher und manuell wieder geschickter.

Tipps zum Lesen

Vilmar, Gerhard, Der Mental-Coach, Books on Demand GmbH, Norderstedt, www.bod.de, ISBN 9783837030365

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