Respektvoll führen

Eine höhere Gehaltsstufe bedeutet keineswegs, dass sich eine Führungspersönlichkeit deshalb respektvoller und höflicher verhält. Das haben zwei führende amerikanische Wissenschaftlerinnen bei ihren Studien mit 9000 Beschäftigten herausgefunden. Schlechtes Betragen von Führungskräften kostet nach den Untersuchungen von Christine Porath (University of Southern California) und Christine Pearson (Thunderbird School of Global Management) deren Betriebe viel Geld. Mitarbeiter, die von ihren Chefs oder Chefinnen respektlos behandelt werden, leisten deutlich weniger als Untergebene in einer wertschätzenden Arbeitsumgebung. Konkret haben die beiden Forscherinnen seit 1998 ausgemacht, dass fast 80% aller Kolleginnen und Kollegen, die unter einer unhöflichen Unternehmensleitung arbeiten, sich innerlich von ihrem beruflichen Tun distanzieren und ihre Konzentration während der Arbeitszeit bis zu einem Drittel nachlässt. Selbst wenn sie nicht selbst betroffen sind, sondern nur mittelbar miterleben, wie andere Teammitglieder vor aller Augen oder in einer Rundmail abgewertet werden. Gehört Respektlosigkeit erst einmal zur Unternehmenskultur, dann muss ein engagierter Manager rund sieben Arbeitswochen oder circa 13 Prozent seiner jährlichen Arbeitszeit allein dafür aufwenden, wieder ein gutes Miteinander in seinem Haus zu etablieren.

Die Ursachen für das rüpelhafte oder moralisierend-belehrende Verhalten vieler Führungskräfte sind vielfältig. Mangelndes Selbstbewusstsein, innere Unsicherheit und fachliche und soziale Inkompetenz zählen zu den wichtigsten Auslösern für die fehlende Achtung anderen Menschen gegenüber. Fühlen sich Chefs mit mangelnder Selbstsicherheit von Kunden oder von Beschäftigten angegriffen, reagieren sie häufig mit aggressivem und abwertendem Verhalten.

Eine respektvolle Führung braucht eine souveräne Persönlichkeit. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich, als Person und mit ihrer Leistung anerkannt und gewürdigt zu werden. Dazu gehören neben einem konkret und sachlich fundierten Lob auch konstruktive und weiterführende Kritik. Mindestens ebenso wichtig ist es für Mitarbeiter, möglichst eigenständig und selbstbestimmt arbeiten zu können, auch wenn sie es auf andere Art und Weise tun, als ihr Chef. Sie als Experten für bestimmte Themenkomplexe auszuzeichnen und ihre Ideen nicht plötzlich als die des Chefs zu verkaufen, sollte sich dabei von selbst verstehen.

 

Checkliste

 

1.) Aussagen wie, ‚Sie machen Ihre Arbeit gut‘, erfreuen Mitarbeiter. Motivierender sind Beschreibungen wie beispielwese, ‚Ihr geduldiger Umgang mit dem schwierigen Kunden und das Aufzeigen von konkreten Lösungen, fand ich eindrucksvoll‘. Unterstützend sind auch Sätze wie, ‚Wie würden Sie das lösen? Welche Antworten geben Sie unseren Kunden auf seine konkrete Frage?‘

 

2.) Der Wechsel der Perspektive oder das Aufsetzen der Brille des Gegenübers auf die eigene Nase können zu spannenden Erkenntnissen und neuen Verhaltensweisen führen. Bei schwierigen Mitarbeitern bringt manchmal die Frage, ‚was können Sie durch sie lernen und wie können Sie sich dabei weiter entwickeln‘ zu unerwarteten Lösungen und neuen Verhaltensstrategien.

 

3.) Mitarbeiter, die nicht zur Spitzengruppe gehören, fühlen sich oft gar nicht wahrgenommen. Bei ihnen kommt an, dass sich sowieso niemand um ihre Arbeit kümmert, egal, wie gut oder schlecht sie diese ausführen. Sie fühlen sich nicht gewürdigt. Werden sie respektvoll gefordert und gefördert, können sie sich zu engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterentwickeln.

 

4.) Respektvoll führen setzt einen respektvollen und sich auch in Frage stellenden Umgang mit sich selbst voraus.

 

5.) Mangelndes Selbstbewusstsein lässt sich verändern, mit Hilfe von Freunden und der Familie, mit einem Coaching oder mit einer Therapie.

 

6.) Eine wertschätzender Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zahlt sich in Anerkennung, Respekt, einem guten Betriebsklima, Arbeitseffizienz und Erfolg aus.

Tipps zum Lesen

Porath, C. L. & Pearson, C. M., 2010: The Cost of Bad Behavior, 2010, Organizational Dynamics, Vol. 39, Elsevier Inc.

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