Erfolg und Missgunst

Ein brillanter Vortrag des Abteilungsleiters bei einer Teamsitzung in Gegenwart des Chefs. Am Ende die Reaktion der Kollegen untereinander:

Erste Variante: „Wie macht er das bloß? Ich muss ihn unbedingt fragen, was sein Erfolgsgeheimnis ist.“

Zweite Variante: „Na ja, das war ja ganz nett.“

Vermutlich gefällt Ihnen die erste Variante besser, und wahrscheinlich erleben Sie die zweite viel häufiger in Ihrem beruflichen Alltag. Denn Missgunst, Neid und Eifersucht sind in vielen Unternehmen an der Tagesordnung. Da sitzen dann keine kompetente Bankfachfrauen, IT-Experten oder fachlich herausragende Wissenschaftler zusammen. Sondern missgünstig denkenden Kollegen und Kolleginnen beobachten mit scharfem, neidvollem Blick, wie der Kollege mit der ihm gestellten Aufgabe zu Recht kommt, von der sie glauben, dass sie ihnen zugestanden hätte. Oder sie überprüfen jede Äußerung ihres Chefs, ihrer Chefin bis in das kleinste Detail, weil sie glauben, ihre Kollegin bekommt mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung als sie.

Dem anderen den Erfolg missgönnen, ist für uns bequem. Denn dann brauchen wir uns gar nicht erst zu fragen, woran es liegt, dass wir z. B. weniger erfolgreich, weniger beliebt und seltener um Rat gefragt werden, als unser kollegiales Gegenüber. Wir können uns mit Gleichgesinnten austauschen, lästern und genüsslich auf die Fehler der anderen zeigen und uns dabei mehr oder weniger offen abfällig über seine Arbeit und womöglich sogar über ihn äußern. Wir übersehen dabei allerdings, dass häufiges negatives Äußern über andere Menschen oft mehr uns aussagt, als über den Geschmähten. Wir vergessen dabei zudem, dass es bei Erfolg und Misserfolg nicht nur um unsere eigene Tätigkeit und unsere Rolle in unserem Team geht, sondern um die Konkurrenzfähigkeit unseres Unternehmens und letztlich um unseren Arbeitsplatz.

Weshalb fällt es uns so schwer, die erste Variante unseres Beispiels zu leben und uns den leistungsfähigen Kollegen zum Vorbild zu nehmen und mit ihm in einen gesunden Wettbewerb zu treten? Mit dem Ziel, selbst kreativ und dadurch attraktiv zu sein und unsere Energie des Neides für unseren eigenen Erfolg zu nutzen, statt unsere Missgunst auszuleben?

Neid und Missgunst können aus unterschiedlichen in uns sprudelnden Quellen gespeist werden. Häufig fehlt neidischen Menschen das Vertrauen in sich selbst. Sie sind unzufrieden mit sich und ihrer Umgebung, fühlen sich minderwertig und hoffen, mit abwertenden Äußerungen ihr Gegenüber herunterziehen und zerstören zu können, weil sie glauben, dann selbst besser da zu stehen.

Für ein Unternehmen können sich missgünstige Mitarbeiter verheerend auswirken, wenn die Unternehmensleitung nicht rechtzeitig gegensteuert.

 

Checkliste

 

1.) Neid auf den Erfolg von anderen kann uns dazu bringen, unsere im Berufsalltag gemütlich eingerichtete Nische zu verlassen und neue Wege auszuprobieren, uns weiter zu bilden oder uns an einem Vorbild weiter zu entwickeln.

2.) Wir können unsere Neidgefühle auch dazu nutzen, über uns nachzudenken und uns zu fragen, weshalb fühle ich mich benachteiligt und minderwertig? Dies setzt allerdings voraus, dass wir dazu bereit sind, uns selbst in Frage zu stellen.

3.) Unternehmen können sich unser Neidgefühl, das wir alle in uns tragen, zu Nutze machen. Etwa, in dem sie mehrere leistungsstarke Mitarbeiter in ein Team zusammenführen, die unterschiedliche Aufgaben zu bewältigen haben und sich gegenseitig anspornen. Im Team und in der Teamarbeit sollte die Leistung des Einzelnen erkennbar bleiben.

4.) Wird zu viel Konkurrenz innerhalb eines Teams angefacht, kann dies zur Angst bei einzelnen Mitarbeitern führen und am Ende zu Eifersucht und Mobbing.

5.) Klare, transparente und allen Mitarbeitern kommunizierte Spielregeln helfen, trotz Konkurrenz in einem Team, gut und professionell zusammen zu arbeiten.

 

Tipps zum Lesen

Bolzano, Klaus, Die Neidgesellschaft, 2007, Goldegg Verlag, ISBN: 9783901880087

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