Das letzte Wort

Wieder einmal hat der Kollege das letzte Wort. Kaum haben wir den Bericht vorgetragen oder das gerade geführte Telefonat mit unserem wichtigsten Geschäftspartner zusammengefasst, kommt sein unerbetener Kommentar. Er weiß sofort, dass dies oder jenes in unseren Ausführungen nicht stimmen kann, korrigiert unsere Aussagen und Fragestellungen und ist fest davon überzeugt, dass nur er die Wahrheit kennt. Immer. Diskussionen sind für ihn keine Plattform, sich über ein bestimmtes Thema auszutauschen, Argumente dafür und dagegen vorzutragen und vom gegenseitigen Wissen zu profitieren, sondern zu zeigen, dass er Recht hat. Auch dann, wenn alles darauf hinweist, dass er sich irrt und seine Behauptungen falsch sind. Er beharrt auf seinem letzten Wort.

Die Ursachen für „das letzte Wort haben wollen“ von Mitarbeitern, Kollegen oder Chefs oder von unseren Lebens- und Ehepartnern sind vielfältig. Oft verbirgt sich hinter dem Bestreben von uns, alles und jedes sofort zu kommentieren und alles besser zu wissen, unsere Angst, wir gefährden die eigene Position, wenn wir sie nicht auf der Stelle verteidigen. Wir haben das Gefühl, wir geben klein bei und fühlen uns unterlegen, wenn wir dem anderen das „letzte Wort“ überlassen.

Hinter dem „das letzte Wort haben wollen“ steckt häufig ein Gefühl der Unsicherheit, der Minderwertigkeit, die Überzeugung, nicht so klug zu sein, wie unser Gegenüber. Wenn wir das letzte Wort haben wollen, vermitteln wir nur uns selbst, wir hätten den Wettbewerb gewonnen und seien besser als der andere. Wir verkennen dabei, dass der andere gar nicht mit uns im Wettstreit liegt. Er möchte nichts, außer sich mit uns über ein Thema austauschen. Wir dagegen wollen Recht haben, unsere Minderwertigkeitskomplexe kompensieren und unsere Macht demonstrieren. Nur scheinbar bestärkt werden wir noch in unserer Besserwisserei, wenn sich unser Gegenüber an das Sprichwort hält, der Klügere gibt nach. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass er damit möglicherweise unsere Rechthaberei sogar noch verstärkt und wie die österreichische Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach einmal gesagt hat, damit „die Weltherrschaft der Dummheit“ etabliert.

Wenn wir dazu neigen, das letzte Wort haben zu wollen, dann brauchen wir keinen Klügeren, der nachgibt, sondern Menschen, die uns klar und ernsthaft verdeutlichen, dass wir am Ende mit unserer Rechthaberei einsam sein werden. Sowohl im Privatleben als auch im Beruf.

 

Checkliste

 

Wie gehen wir mit Menschen um, die glauben, immer Recht haben zu müssen und deshalb immer das letzte Wort haben?

1.) Je nach Situation und eigenem Befinden können wir unterschiedlich reagieren:

a.) Bei Vorgesetzten lohnt er sich zu prüfen, ob eine zurückhaltende Reaktion und innerer Abstand nicht die besten Strategien sind.

b.) Manchmal ist auch ein Gespräch mit dem Besserwisser hilfreich und der Hinweis, dass er sich mit seiner Rechthaberei wenig Freunde macht. Oder wir entscheiden uns dafür, die Besserwisserei unseres Gegenübers zu ignorieren und darüber hinweg zu gehen.

c.) Manchmal hilft auch Humor. Und dabei eine starke Übertreibung mit Sätzen wie, ‚ist das wirklich wahr? Das ist ja einfach unglaublich. Das hätte ich nie gedacht. Sie wissen ja so viel…‘

d.) Oder Sie probieren es mit konkreten Fragen wie: ‚Woran erkennen Sie, dass? Haben Sie ein konkretes Beispiel dafür? Kennen Sie dies aus eigener Anschauung?‘ Oder Sie wenden die ‚Papageientechnik‘ an und wiederholen in einem wertschätzenden Ton die letzten Worte Ihres Gegenübers.

2.) Menschen, die immer das letzte Wort haben wollen, meinen meist, es sei (von ihnen) alles gesagt und alle richteten sich danach.

 

Tipps zum Lesen

Tavris, Carol, Aronson, Elliot, Ich habe recht, auch wenn ich mich irre, eBook.de

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