Wenn’s unangenehm wird

Prima Kollege, gute Leistungen, fröhlicher Umgang mit Kolleginnen und Kollegen – nur: sobald er zu nahe kommt, wird es für jeden Feinnasigen unangenehm. Denn er hüllt sein Gegenüber ein in einen zart-miefigen Duft, der an ungelüftete Räume erinnert. Was tun – zum Beispiel als Chefin, als Kollege? Zurückweichen und damit die eigene Nase aus der Gefahrenzone herausbringen? Fürs erste ist dies sicher eine wohltuende Lösung. Auf die Dauer ändert sich das Problem damit jedoch nicht. Denn meistens wissen die Menschen gar nicht, dass sie ein besonderer Körpergeruch auszeichnet, dass das Knoblauchessen auch am Tag danach noch deutlich von ihren Gesprächspartnern und -partnerinnen nachzuerleben ist oder dass ihr Haar unansehnlich ist und beispielsweise bei Verkäuferinnen und Verkäufern auf deren potentielle Kunden eher abschreckend wirkt.

Heikle Themen wie Körpergeruch oder ungepflegt wirkendes Äußeres anzusprechen, fällt den meisten von uns schwer. Besonders dann, wenn wir sie viel zu lange auf die berühmte lange Bank geschoben haben. Dennoch ist es selten empfehlenswert, die Probleme länger zu ignorieren. Stattdessen lohnt sich ein offenes, ehrliches und wertschätzendes Gespräch. Auch, um unseren Kollegen oder Mitarbeitern die Chance zu geben, künftig weitere, für sie peinliche Situationen zu vermeiden. Versteckte Hinweise wie ein ständig geöffnetes Bürofenster, selbst bei größter Kälte oder nette Geburtstagsgeschenke aus der Parfümerieabteilung werden manchmal verstanden, jedoch nicht immer.

Möglicherweise hilft uns ein Perspektivenwechsel, das für uns unangenehme Gespräch zeitnah und zielführend anzupacken: Mit unseren Hinweisen und Eingeständnissen greifen wir nicht die Persönlichkeit unseres Gegenübers an, sondern wir informieren über ein tatsächliches Problem, das wir haben und für das es in den allermeisten Fällen eine Lösung gibt.

Gelingt es uns dabei, uns klar zu äußern, unsere Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen und aus der ‚Ich-Sicht‘ zu sprechen und diese sachlich zu begründen, wird es unserem Gesprächspartner nach dem ersten Erstaunen oder Erschrocken sein sicherlich leichter fallen, sich mit der Problematik zu befassen und gegebenenfalls unsere konkreten Wünsche zu erfüllen. Können wir ihn dann noch von den Vorteilen überzeugen, die er langfristig hat, wenn er sich der Herausforderung stellt, dann haben wir die Chance, ein für beide Seiten unangenehmes Gespräch versöhnlich zu beenden.

Checkliste

 

1.) Sich einem unangenehmen Gespräch zu stellen, fällt den meisten schwer. Besonders herausfordernd sind Aussprachen über Körpergeruch und ungepflegtes Aussehen eines Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin oder eines Kollegens, einer Kollegin.

 

2.) Damit die Situation die tägliche Zusammenarbeit nicht zu lange belastet, sollten unbequeme Themen zeitnah besprochen werden.

 

3.) Ein offenes, ehrliches, klares und relativ kurz geführtes Gespräch ist zielführender, als immer wieder um den heißen Brei zu reden, bei jeder Gelegenheit indirekte Pfeile und Spitzen abzuschießen oder mit in allen Richtungen interpretierbaren Gesten zu agieren.

 

4.) Gelingt es uns, das Gespräch aus unserer Perspektive zu beginnen und beispielsweise zu sagen, dass es uns schwer fällt, darüber zu reden, dann spürt unser Gegenüber unsere Wertschätzung und fühlt sich weniger angegriffen. Je nach Situation kann es hilfreich sein, zu Beginn des Gesprächs kurz anerkennend auf die derzeit geleistete Arbeit einzugehen.

 

5.) Reagiert unser Gesprächspartner wider Erwarten aggressiv oder abwertend, dann teilen wir ihm mit, dass wir nicht gegen, sondern für ihn sind. Danach beenden wir höflich das Gespräch und bieten einen neuen Termin an.

 

6.) Auch wenn wir die Erwartung haben, dass sich mit dem Gespräch sofort etwas ändert, hilft es unserem Gegenüber, wenn wir das Thema erst einmal stehen lassen ohne sofort eine verbindliche Zusage von ihm zu bekommen. Damit kann sich unser Gesprächspartner mit dem Angesprochenen befassen und gegebenenfalls die für ihn passenden Lösungen finden.

Tipps zum Lesen

 

Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden: Fragen und Antworten, 2007 (4. Auflage), rororo Verlag, ISBN: 9783499619632

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