Bitte warten …

Gehören Sie wie ich zu den Menschen, die auch mal richtig ungeduldig werden, wenn etwas nicht so schnell oder so reibungslos abläuft, wie ich es mir vorgestellt und geplant habe? Die dann sich selbst und andere antreiben und rasch weiter machen wollen? Diese Art von Ungeduld wird von vielen Personalberatern (FAZ 15. 12. 2013, S. 18) geschätzt, weil sie damit „Zielstrebigkeit“ und „Entscheidungsfreude“ (FAZ) bei Stellenbewerbern verbinden. Schließlich will ich mit meiner Ungeduld oder Zielstrebigkeit Ergebnisse erzielen.

Geduldig sein dagegen gilt häufig als langweilig und als wenig inspirierend. Rasches und temperamentvolles Handeln ist attraktiver und fühlt sich lebendiger an, als sich ruhig mit einem Thema zu befassen, alles Für und Wider geduldig gegeneinander abzuwägen und sich erst dann zu entscheiden. Dennoch, manches Mal wünsche ich mir mehr Geduld, mehr Ruhe, vielleicht sogar mehr Gelassenheit. Und die eine oder andere spontane Entscheidung aus dem Bauch heraus weniger, auch wenn sie mich in dem stattfindenden Moment zufrieden gemacht hat.

Angenommen, ich würde mich dazu entschließen, geduldiger werden zu wollen. Dann hieße dies für mich zuerst einmal, ein Problem als das anzusehen, was es ist: eine manchmal schwere Herausforderung, jedoch kein Weltuntergang. Damit verlieren viele Entscheidungen ihre Dringlichkeit, die sie scheinbar ständig haben und uns dadurch unter Druck setzen.

Im nächsten Schritt wäre ich gefragt, meine Geduld nicht nur auf die Probe zu stellen, sondern zu trainieren. Etwa, wenn der Kollege mir seinen sofortigen Rückruf verspricht und sich nicht gleich meldet. Oder wenn ich zu einem Termin gehetzt bin und jetzt warten muss. Oder wenn ich an der Bahnsteigkante stehe und mir die Bitte um „etwas Geduld“ aus dem Lautsprecher entgegenschallt, weil mein Zug verspätet ist. Gelingt es mir, in solchen Momenten mich auf mein Geduldstraining zu besinnen, dann wird mir möglicherweise deutlich, wie wenig zielführend meine Ungeduld jetzt ist und wie sehr ich mich innerlich verkrampfe, anstatt die Situation gelassen anzunehmen und die plötzlich mir zur Verfügung stehende Zeit für mich zu nutzen.

Vielleicht hilft mir mein Geduldstraining auch zu erkennen, dass ich mit meiner Karriere besser vorankomme, wenn ich mit Geduld und ruhigem Abwarten die nächsten Schritte plane. Statt ständig auf die nächste Karrierestufe zu schielen, konzentriere ich mich besser auf meine jetzige Tätigkeit und bringe jede begonnene Aufgaben erfolgreich zu Ende. Vermutlich mit überraschendem Karriereerfolg.

Geduld ist vielleicht nicht sehr „sexy“ und bislang fällt es mir noch häufig schwer, gelassen und geduldig zu sein. Dennoch, ich probiere es weiterhin.

Checkliste

 

1.) Kann ich Geduld üben und gelassener werden, statt rasch an die Decke zu gehen? Ja, vorausgesetzt, ich erkenne, dass ich auch dafür erst einmal Geduld brauche.

2.) Geduldiger werden übt sich am besten anhand kleiner Schritte und konkreter Beispiele. Etwa beim Warten an roten Ampel oder beim Warten auf Anrufe und Termine. Statt ungeduldig auf das Lenkrad zu trommeln, können wir uns beispielsweise dazu einladen, ein Lied zu summen oder uns über unsere Medien im Auto aktuell informieren lassen und dabei zuhören. Manchem hilft es auch, während der Wartezeit einen Satz wie ein Mantra zu wiederholen, etwa, „Eile mit Weile“ oder „Abwarten. Gut Ding will Weile haben“.

3.) Statt im Beruf ein weit entferntes Ziel bei einem Projekt anzustarren und ungeduldig versuchen darauf zuzusteuern, kann es hilfreich sein, wenn wir uns einzelne Etappen vornehmen und nach dem Erreichen des Teilziels verdeutlichen, was wir bereits geschafft und geleistet haben und erst danach mit Gelassenheit und Geduld die nächste Etappe anzupeilen.

4.) Geduld für uns und für unser Gegenüber brauchen wir, wenn wir versuchen, uns in bestimmten Punkten zu ändern. Denn unsere Veränderungen wirken sich auf unsere Umgebung aus. Doch nicht jeder schätzt Veränderungen und versucht sie deshalb bei uns zu verhindern. Und: Veränderungen brauchen Zeit, manchmal Wochen oder Monate.

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