Verändern wir uns?

Oder anders gefragt, können wir uns im Laufe unseres Lebens verändern? Etwa durch Training, Psychotherapie oder Coaching? Ja. Das haben früher Psychologen und Sozialwissenschaftler gesagt. Nein. Das war die Antwort von Biologen und Naturwissenschaftlern, die davon ausgingen, dass unsere Gene unser Verhalten bestimmen. Inzwischen wissen wir, dass beide Berufsgruppen Recht und Unrecht zugleich haben. Unser genetisches Programm, mit dem wir auf die Welt gekommen sind, bedingt den äußeren Rahmen, in dem wir uns verhalten. Je nach Verhaltensweise ist der Rahmen unterschiedlich groß und flexibel. Unser Intellekt und unser Temperament scheinen im Laufe unseres Lebens nur wenige Variationen zuzulassen. Der Rahmen bleibt ziemlich konstant. Andere Aspekte unserer Persönlichkeit sind offenbar anpassungsfähig und wandelbar. Z. B. kann es uns gelingen, unsere scheinbar festgelegten Sichtweisen, Einstellungen und Verhaltensmöglichkeiten zu verbreitern oder umzustoßen. Wenn wir uns unsere Chancen vor Augen führen, die wir haben, etwa im Beruf oder nach der Ausbildung. Hierbei können wir unseren Rahmen regelrecht umformen.

Der Blick auf unsere möglichen beruflichen und privaten Möglichkeiten reicht allerdings nicht immer aus, um uns weiter zu entwickeln. Gehören wir zu den Menschen, die viel Anerkennung beanspruchen und deshalb versuchen, ausgiebig und perfekt zu arbeiten, dann nutzt es uns vermutlich wenig, wenn wir uns sagen, wir sollten kürzer treten und an unsere Gesundheit denken. Wir bleiben meist bei unserem Streben nach Beifall, obwohl wir wissen, dass uns dies möglicherweise schadet. Denn unser bisheriges Verhalten kennen wir. Darin sind wir schließlich Experten und darin kann uns keiner etwas vormachen. Etwas Neues auszuprobieren, ist mit dem Risiko verbunden zu scheitern.

Wie gelingt es uns dann, dennoch unsere Sichtweisen, Einstellungen und Verhaltensweisen abzuändern?

Eine von vielen Antworten kann lauten, die eigenen Begrenzungen anzuschauen und zu begreifen. Führungskräfte sind oft davon überzeugt, dass die Leistung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu gering ist, und machen deshalb lieber alles selbst. Mit dem Ergebnis, dass sie ihr Team langfristig demotivieren. Ihnen hilft womöglich die Erkenntnis, dass hinter ihrem Führungsproblem die falsche Überzeugung steckt, sie werden von ihrem Team nicht mehr „geliebt“, wenn sie ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu sehr fordern und höhere Ansprüche an deren Arbeit stellen

Wir können unsere Potentiale auch mit Hilfe von Belohnungen weiterentwickeln. Selbst Situationen, die uns wenig reizvoll erscheinen oder gar beängstigen, können „lohnend“ sein. Etwa die Umorganisation unserer Abteilung. Wir haben Angst vor den Veränderungen, die auf uns zukommen. Unterstützt von Vorgesetzten, die uns wertschätzen, können uns dann dafür entscheiden, uns auf die Unwägbarkeiten des Neuen einzulassen. Mit dem Erfolg, dass wir herausfinden, wie wir mit schwierigen Aufgaben umgehen und welche Kreativität in uns steckt. Dies kann uns mehr motivieren, als Gehaltserhöhungen oder neue Visitenkarten.

Checkliste

 

1.) Der Wunsch uns zu verändern, kann durch ganz unterschiedliche Ereignisse ausgelöst werden. Manchmal ist es Randbemerkung im Gespräch mit Kolleginnen oder Kollegen. Manchmal ist es die Zeile eines Songs, die uns berührt und motiviert und manchmal sind es die ganz großen Herausforderungen des Lebens, wie Trennung oder Tod.

2.) Sich zu verändern, geht nicht auf „Kommando“ (siehe

Tipps zum Lesen

). Belohnungen scheinen hierfür ein hilfreicher und besonders zielführender Anreiz zu sein. Wobei der eine unter Belohnungen mehr Gehalt versteht, der andere eine höhere Wertschätzung, größere Herausforderungen oder mehr Verantwortung.

3.) Führungskräfte erreichen dann Veränderungen bei den Einstellungen und Sichtweisen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn sie ihnen vorleben, was sie von ihnen erwarten. Fordern sie pünktliches Erscheinen, dann können sie nicht jeden Morgen zu spät kommen. Ihr Team empfängt dadurch das Signal, weshalb soll ich die Forderung meines Chef, meiner Chefin ernst nehmen. Er oder sie steht ja selbst nicht dahinter.

 

Tipps zum Lesen

managerSeminare: „Wie verändern sich Menschen?“, Heft 75, April 2004. „Niemand ändert sich auf Kommando “, Interview mit Hirnforscher Gerhard Roth, Heft 119, Februar 2008.

Siefer, Werner: Wir und was uns zu Menschen macht, 2010, Campus Verlag, ISBN: 9783593392516

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