… dann ist Schluss!

Mit diesen drei Worten beendet Hildegard Knef (1925-2002) Schauspielerin und Chansonsängerin abrupt ihren Chanson „Eins und Eins, das ist Zwei“ (1964), mit dem sie das Ende einer Liebe besingt. Genauso abrupt endet oft ein langes Berufsleben. Gerade noch die Pakete ausgefahren, vor wenigen Momenten noch den Jumbo gelandet, die Patienten versorgt, den Computer ausgeschaltet und „dann ist Schluss!“ Nichts geht mehr, rien ne va plus.

Was bedeutet es für ca. 800 000 Menschen jährlich in Deutschland, sich von ihrem Arbeitsleben zu verabschieden? Wie gehen sie damit um? Die psychologischen Wissenschaften haben sich bislang wenig damit befasst, mit welchen Gefühlen Menschen ein oft erfülltes Berufsleben hinter sich lassen und in den manchmal herbeigesehnten und häufig gefürchteten Ruhestand wechseln.

Statt Vollzeit viel Zeit? Statt als kompetenter Mitarbeiter oder Kollegin gebraucht und

geschätzt zu sein, plötzlich ein ganzer freier Tag, der selbständig und ohne äußere Strukturen gelebt und gestaltet sein will? Der Beruf füllt nicht mehr den Alltag aus. Die Rolle des Berufstätigen ist zu Ende ‚gespielt‘. Jetzt sind es vielleicht die Familie samt Enkelkinder, die ehrenamtlichen Aufgaben, die Hobbys, die Reisen in die Ferne oder die seit langem herbeigesehnte Ruhe und Entspannung, die für das ‚Selbst-Verständnis‘ im Tagesablauf sorgen.

Wissenschaftler wie der Soziologe Professor Klaus Schömann, Jacobs University Bremen und Professor Ursula Staudinger, Columbia University New York empfehlen künftigen Ruheständlern, sich nicht nur auf den letzten Arbeitstag zu freuen und ihn so zu organisieren, wie es dem Einzelnen entspricht, sondern sich frühzeitig damit zu befassen, was kommt eigentlich danach. Wie lassen sich beispielsweise die sozialen Kontakte zu Kolleginnen und Kollegen kompensieren und wodurch die zurückgelassene Wertschätzung durch Mitarbeiter und Vorgesetzte ersetzen? Und wie lässt sich künftig das oft noch lange Leben nach dem beruflichen Tätigkeit aus eigener Kreativität heraus formen und weiterentwickeln? Denn in den letzten 100 Jahren hat die durchschnittliche Lebenserwartung um 30 Jahre zugenommen.

Viele Senioren, die sich noch fit und keineswegs ‚rententauglich fühlen‘, wünschen sich statt Ruhestand weiter beruflich tätig sein zu können. Manchmal können sie sich ihre Sehnsucht erfüllen. Etwa wenn ihre ehemalige Firma erkennt, welch wertvolles Wissen und welche Erfahrungen ihre einstigen Mitarbeiter mit in den Ruhestand genommen haben. Sie versuchen sie, wieder zurückzuholen für eine zumindest zeitweilige berufliche Tätigkeit. Die „Unruheständler“ arbeiten dann entweder ein paar Stunden in der Woche, übernehmen bestimmte Projekte oder beraten jüngere Mitarbeiter. Sie leben weiterhin ihre Freude am Beruf und genießen die Anerkennung, die sie durch ihre Arbeit bekommen. Die übrig gebliebene freie Zeit strukturiert sich für sie dann fast von selbst.

Checkliste

 

1.) Für jeden künftigen Ruheständler ist der Abschied aus dem Beruf höchst individuell. Eine wesentliche Rolle spielt dabei, ob das Ende der beruflichen Tätigkeit zum gewünschten Zeitpunkt stattfindet oder ob der Berufstätige unfreiwillig aus dem Arbeitsleben ausscheiden muss, etwa aus ‚betrieblichen Gründen‘.

2.) Auch den letzten Arbeitstag wünschen sich künftige Ruheständler verschieden. Während die einen ein Fest feiern, ziehen es andere vor, ohne Aufhebens ihre Sachen zu packen und einfach zu gehen.

3.) Für manche Senioren ist eine schmale Rente ein wichtiger Grund, trotz ihres höheren Alters weiter arbeiten zu können.

4.) Künftig werden sich die gesellschaftliche Diskussionen verstärkt auf die Frage konzentrieren, ob ein fester und gesetzlich vorgegebener Zeitpunkt mit einem ‚dann ist Schluss‘ das Ende des Berufsleben markiert oder ob nicht eher flexible und individuelle Lösungen gefunden werden, je nach beruflicher Tätigkeit, persönlichen, unternehmerischen und gesellschaftlichen Interessen und Bedürfnissen. Etwa, dass junge Menschen ebenso die Chance auf einen qualifizierten Beruf brauchen, wie die Älteren, die Wertschätzung für ihr Können, ihr Wissen und ihre Flexibilität erwarten können.

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