Wenn Neues auf Widerstände trifft

Natürlich müssten alle dafür sein. Schließlich bringen die neuen Strukturen im Team, das einfacher zu handhabende Computerprogramm oder die verbesserten Arbeitsabläufe viele Vorteile. Aber dann ist die Teamsitzung, in der die Neuerungen vorgestellt werden doch eine Überraschung: Kein wohlwollendes Nicken, kein zustimmendes Lächeln seitens der Teilnehmer, nur stoische Gesichter, die nichts verraten. Diese Art von Erfahrungen machen Führungskräfte, Projektmanager und Kollegen immer wieder. Sie erwarten Begeisterung für ihre innovativen Ideen. Und zurück kommt offener oder versteckter Widerstand.

Offenen Widerstand zeigen nicht selten Personen in wichtigen Positionen. Das offene Vorgehen hat den Vorteil, dass sich über mögliche Einwände auch diskutieren und am Ende eine tragbare Lösung finden lässt. In vielen Fällen wissen die begeisterten Ideengeber jedoch gar nicht, dass ihre Vorschläge von ihren Gegenübern abgelehnt werden, weil die Widerstände versteckt bleiben. Widerstände stellen deshalb im Projektmanagement und in psychotherapeutischen Prozessen alle Beteiligten vor große Herausforderungen.

Ehe neue Ideen in einem Unternehmen Platz finden, ist es wichtig zu prüfen, ob eine ausreichende Zahl der am Prozess Beteiligten bereit ist, den neuen Weg mit zu gehen. Ist der Widerstand seitens der Betroffenen groß, dann ist die Frage, ob sich der Aufwand lohnt, sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit den Widerständen weiter zu befassen. Es kann ratsam sein, erst einmal die neuen Ideen aufzugeben und später wieder aufzugreifen.

Wenn Neuerungen aus unternehmerischen und institutionellen Gründen einzuführen sind, dann heißt es mit den Widerständen umzugehen. Einwände von Skeptiker und Gegner weisen manchmal auch auf sachliche Mängel in den vorgeschlagenen Neuerungen hin. Manche Bedenken sind auch persönlich motiviert, wenn Betroffene befürchten, dass sie ihre Position und damit ihr Ansehen innerhalb des Unternehmens verlieren oder Privilegien aufgeben müssenm. Ihre Ängste – gelegentlich auch ihr Trotz – sorgen dafür, dass sie sich wenig motiviert am Veränderungsprozess beteiligen.

Was also tun? Zu empfehlen ist, die einzelnen geplanten Schritte der Neuerungen konkret darzustellen und chronologisch die Abläufe zu skizzieren, auf skeptische Fragen und zweifelnde Äußerungen zu reagieren, Befürchtungen und Bedenken ernst zu nehmen und vor allem genügend Zeit mitzubringen für die Gespräche im Team und mit einzelnen Bedenkenträgern. Oft lohnt ein Perspektivenwechsel. Führungskräfte nehmen die Sicht der Mitarbeiter ein und umgekehrt und erkennen dadurch oft leichter, dass die Neuerungen auch Vorteile haben für das Unternehmen und für sie selbst. Beim Umgang mit Widerständen sollte klar und transparent kommuniziert werden, um den Betroffene zu verdeutlichen, dass nicht alles in ihrem Sinne geschehen kann. Skeptiker und Gegner können so zum Teil des Veränderungsprozesses.

Bleiben Widerständler bei ihrer Gegenwehr, dann sollte ihnen signalisiert werden, dass sie sich in einer anderen Position besser verwirklichen können, als in einem Team, das nach guten Lösungen für Herausforderungen sucht.

 

Checkliste

1.) Veränderungen ohne Widerstände sind selten. Geplante Veränderungen führen häufig zu Unmut unter den Betroffenen.

2.) Hilfreich für den Veränderungsprozess kann ein Perspektivenwechsel sein: Z. B., wenn Führungskräfte eine von ihnen geplante Veränderung aus dem Blickwinkel der betroffenen Mitarbeiter betrachten und umgekehrt.

3.) In einem Veränderungsprozess gilt es, die einzelnen Schritte, die zu einer Neuerung führen, konkret zu benennen und verständlich zu beschreiben, damit sich die Prozessbeteiligten sicher fühlen und weniger Angst entwickeln.

4.) Veränderungen brauchen Zeit. Werden sie nicht rechtzeitig geplant, sondern wird versucht, sie in einer Hauruck-Aktion durchzusetzen, dann ist es wahrscheinlich, dass sie am offenen oder am versteckten Widerstand der Belegschaft scheitern.

5.) Mit offenem Widerstand lässt sich meistens ganz gut umgehen. Schwieriger ist der ‚versteckte‘ Widerstand. Anzeichen hierfür können z. B. sein: fehlende Fragen und weiterführende Vorschläge oder das Fordern von raschen Lösungen.

6.) Widerstände gegen eigentlich gute Ideen haben Ursachen: Mit Hilfe des Eisbergmodells, das auf Sigmund Freud (Psychoanalytiker 1856-1939) zurückgeht, lassen sich die im beruflichen Alltag auftretenden Widerstände stark vereinfacht verdeutlichen. Danach besteht Kommunikation aus einem sichtbaren, bewussten Anteil, dem oberhalb der Wasserfläche schwimmenden Teil des Eisbergs und einem unsichtbaren, unbewussten Teil unter der Wasseroberfläche. Dieser umfasst Gefühle wie Ängste und Bedürfnisse.Trifft in einer Diskussion eine harmlose Bemerkung auf einen verborgenen Anteil des Eisbergs, dann kann dies zu überraschenden und rasch eskalierenden Situationen führen, zum offenen oder versteckten Widerstand.

Tipps zum Lesen

Hockling, Sabine: Wenn der Chef alles ändern will, http://www.zeit.de/karriere/beruf/2012-05/chefsache-changemanagement

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