Stille

Als Franz Xaver Gruber und Joseph Mohr am 24. Dezember 1818 in der Kirche St. Nikolaus in Oberndorf bei Salzburg erstmals ihr Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ aufführten, ahnten die beiden nicht, dass fast 200 Jahre später ihre Zeilen in über 300 Sprachen und Dialekte übersetzt sind und ihr Text und ihre Melodie heute weltweit als das bekannteste Weihnachtslied gelten. Was den Dorfschullehrer und den Hilfspfarrer dazu brachte, das Lied zu dichten und zu komponieren ist nicht sicher überliefert. Vermutet wird, dass sie mit dem Lied die Befreiung von der Napoleonischen Herrschaft ein paar Jahre zuvor feiern wollten. Denkbar ist auch, dass ihr Weihnachtslied die damals sich ausbreitende Sehnsucht der Menschen nach Momenten der Stille, des Innehaltens, der inneren Freude ausdrücken sollte. Ende des 18. Jahrhunderts begannen religiöse Gemeinschaften wie die Pietisten die Stille im Gottesdienst als Andachtsstille zu etablieren, Dichter wie Johann Wolfgang Goethe sprachen von „Über allen Gipfeln ist Ruh…“ Philosophen wie Friedrich Nietzsche nannten die „größten Ereignisse“ … „nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden“.

Vielleicht hat gerade die Sehnsucht nach dem Innehalten, nach der Pause, nach einem Moment der Besinnung das Lied über die Jahrhunderte so erfolgreich gemacht. Für viele Menschen bedeutet das Singen von „Stille Nacht, heilige Nacht“ gerade am 24. Dezember, dass sie an Heilig Abend tatsächlich für einen Moment loslassen können. Sie können, statt sich der Hektik des Alltags weiter auszusetzen, statt ständigem Reden im Beruf und im Privaten, statt ständig präsent sein zu müssen, endlich Ruhe bei sich einkehren lassen und schenken sich damit die Chance n, bei sich selbst anzukommen und bei der Familie, den Freunden, den Menschen, die ihnen wichtig sind. Vielleicht hilft das Besinnen auf die „Stille Nacht“ auch dabei, den eigenen, ganz individuellen Stille-Ort für sich zu entdecken. Für den einen ist es ein äußerer Ort wie der kleine Teich im Nachbarschaftspark oder der bequeme Sessel vor dem Fenster im Wohnzimmer. Es kann auch das Nachsinnen am Abend über den vergangenen Tag sein, die stille Meditation, ruhig ausgeführte Yoga-Bewegungen oder ein leises Gebet.

Denn es ist nicht immer nur der Lärm des Alltags, der mich belästigt. Oft ist sind es vielmehr die vielen Stimmen in meinem Kopf, die scheinbar ohne Pause reden und viel besser wissen, was zu tun ist und was ich falsch gemacht habe, als ich selbst. Mit „Stiller Nacht, heiliger Nacht“ und dem „Gottes Sohn“, der „o wie lacht“ habe ich heute die Chance, für Momente in meinem Inneren „himmlische Ruhe“ zu erleben.

   

Tipps zum Lesen

Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:

Berendt, Joachim-Ernst, Kraft aus der Stille: Vom Wachsen des Bewusstseins,

Knaur TB Verlag, 2010, ISBN: 9783426874868

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