Mitarbeiter morgen

Noch ist nicht wirklich ausgemacht, wie das ‚Büro der Zukunft‘ im Jahr 2030 aussehen wird. Als 1994 unter dem Titel eine Ausstellung in Hamburg stattfand, bestaunten die Besucher bei den verschiedenen Präsentationen bekannter Hamburger Designer und Architekten unter anderem einen dreibeinigen Malerhocker mit Ledersitz auf einer durch Kunstrasen symbolisierten Wiese und einem darauf stehenden Notebook, das in seiner flachen Ausführung heutigen Modellen verblüffend ähnelte, damals jedoch kein reales Vorbild hatte. Keiner der interessierten Betrachter konnte sich dereinst vorstellen, statt in einem Büroraum draußen im Freien zu arbeiten, und die Arbeit mit sich spazieren zu tragen.

Heute ist dies längst Realität und räumlich voneinander getrennt arbeitende Kolleginnen und Kollegen sind eine zunehmend alltägliche Herausforderung für ihre Chefinnen und Chefs. Väter und Mütter arbeiten wegen der Familie teilweise zuhause. Internationale Kontakte erfordern Reisen im In- und Ausland. Das Homeoffice ist auch aus verkehrstechnischen Gründen für viele Kolleginnen und Kollegen attraktiv, und freie Mitarbeiter, die ihre Unabhängigkeit schätzen, statt der Routine des täglichen Büroalltags in mehr oder weniger quadratisch praktischen Bürogebäuden, sind ein wichtiger Bestandteil des Teams, das Chefs und Chefinnen vermutlich immer häufiger werden führen müssen. Statt schnelle Meetings zwischendrin gilt es, Teamsitzungen gut vorzubereiten, rechtzeitig zu planen und mit den virtuell hinzu kommenden Kolleginnen und Kollegen vorab abzustimmen. Sie werden auch damit umgehen lernen, dass ihre gut ausgebildeten und an moderner Informationstechnologie interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die für ihre Arbeit wichtigen Informationen sich nur noch teilweise von ihnen holen. Berufsbezogene Netzwerke und externe Experten sind für vor allem für die jungen Mitarbeiter gewohnte und wichtigere und oft auch kompetentere Auskunftsquellen als der eigene Chef oder die eigene Chefin.

Führung wird sich in den nächsten Jahren vermutlich recht drastisch ändern und ändern müssen: Besonders Vorgesetzte im mittleren Management werden künftig weniger mit bürokratischen Vorgaben agieren und von oben nach führen können. Ihre Managementaufgaben werden vor allem darin liegen, jeden einzelnen Mitarbeiter, jede einzelne Mitarbeiterin persönlich und gezielt zu fördern und zu fordern. Denn in der Zukunft werden alle in einem Unternehmen beschäftigten Kolleginnen und Kollegen, ob auf der Wiese oder im Büroturm, innovativ und kreativ sein müssen, und Verantwortung für mehr als nur für das konkret zu bearbeitende Projekt übernehmen, damit ihr Unternehmen oder ihre Institution auch für längere Jahre produktiv und effektiv bleibt.

Checkliste

 

1.) In der Arbeitswelt von morgen werden gut ausgebildeten Mitarbeiter, die aufgrund der demografischen Entwicklung zudem noch immer weniger werden, sich ihren Arbeitsplatz genüsslich aussuchen können und ihren Arbeitgebern die Arbeitsbedingungen diktieren können, unter denen sie arbeiten möchten. Vorgesetzte, die glauben, mit Kurzauftritten und mit von ‚oben‘ vermittelten Vorgaben ihre Mitarbeiter führen zu können, werden scheitern.

2.) Eine wichtige Herausforderung für Führungskräfte wird auch sein, Mitarbeitern zu verdeutlichen, dass ein Unternehmen, das längerfristig am Markt bleiben möchte, Mitarbeiter braucht, die Verantwortung übernehmen. Für sich, für ihr konkretes Projekt und für die auch länger dauernde Weiterentwicklung von Ideen und Innovationen.

3.) Das Führungsideal Fordern und Fördern wird zunehmend heißen: Jeden Mitarbeiter persönlich in seiner Weiterentwicklung im Betrieb zu unterstützen, Fehler als Chance für Veränderung zu sehen und die Zusammenarbeit in virtuellen Teams und Arbeitsgruppen zu planen und zu organisieren.

4.) Für Unternehmen heißt ‚Mitarbeiter morgen‘, Führungskräfte vorzubereiten auf die Veränderungen, ihnen die Chance zu geben, sich an die sich ändernde Rolle anzupassen und mit Hilfe eines Trainings und eines Coachings die entsprechenden Instrumente an der Hand zu haben.

Tipps zum Lesen

 Jäger, Wolfgang, Petry, Thorsten: Enterprise 2.0 – die digitale Revolution der Unternehmenskultur, 2012, Luchterhand Verlag, ISBN: 9783472080152

ManagerSeminare, Heft 183, Juni 2013, S. 18-30.

Beiträge, die Sie auch interessierten könnten