Ich danke, also bin ich

Was hilft gegen die innere Kündigung und sinkende Leistung von Mitarbeitern? Ein Patentrezept scheint es hierfür nicht zu geben, trotz vieler Ratgeber und Lösungsvorschläge. Erwiesen ist, dass Menschen leichter und kreativer arbeiten und seltener Dienst nach Vorschrift machen, wenn sie „zwischenmenschliche Wertschätzung und Zuwendung“ erfahren. Das haben Hirnforscher und Psychiater wie der Freiburger Medizinprofessor Joachim Bauer herausgefunden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von Vorgesetzen und Kollegen und Kolleginnen Wert geschätzt werden, trauen sich mehr zu, sind flexibler und aufnahmefähiger, weil sie spüren, dass sie als Mensch wahrgenommen werden und nicht nur als Leistungsbringer.

Den anderen Wert zu schätzen, heißt keineswegs, ihn ständig zu loben. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begrüßen es üblicherweise, wenn Vorgesetzte sie in allen ihren beruflichen Facetten sehen. Also auch in ihren weniger stark ausgeprägten Fähigkeiten, und ihnen mit ehrlich gemeinter Kritik helfen, sich fachlich und menschlich weiter zu entwickeln. Eine derartig vorgetragene Kritik kann manchmal wertschätzender sein, als ein einfach dahingesagtes Lob. Ein Lob kommt immer dann gut an, wenn es zeitnah ausgesprochen wird und sich auf etwas Konkretes bezieht. Z. B., dass der zu Lobende eine bestimmte Aufgabe besonders gut bearbeitet hat.

Unser Gegenüber anzuerkennen gelingt uns leicht, wenn wir uns selbst achten, wenn wir unsere eigenen inneren Werte sehen und wenn wir sie auch ausreichend würdigen. Fühlen wir uns darüber hinaus noch für uns selbst verantwortlich und kommt bei uns eine offene und geradlinige Kommunikation hinzu, dann sollte uns eine Wertschätzung anderer leicht fallen und für den Gewürdigten unterstützend wirken. Auch bei seiner Gesundheit: Kränken wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch abschätzige Anmerkungen, durch schlechte Laune oder indem wir sie nicht beachten, dann schalten nach Joachim Bauer „die Motivationssysteme“ ab. Erhöhter Blutdruck, Stress und Burn-out können die Folgen davon sein.

Eine Herausforderung ist es doch, Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen, Kollegen oder Kolleginnen Wert zu schätzen, die wir weniger sympathisch finden. Dennoch kann uns dies gelingen. Etwa, wenn wir aufhören uns zu zwingen, die ganze Person mögen zu müssen und stattdessen versuchen, Anteile von ihr als positiv wahrzunehmen. Nach ehrlich gemeinten Fragen kann sich beispielsweise herausstellen, dass der bislang schwierige Mitarbeiter oder Kollege zum Beispiel ein begeisterter Hobbyarchäologe ist oder kreativ seinen Garten gestaltet und uns darüber spannend informiert.

Manchmal hilft auch das Zauberwort „Danke“. Im rechten Moment und mit einem Lächeln vorgetragen, kann es die Zusammenarbeit im Unternehmen positiv beeinflussen.

Checkliste

 

1.) Mangelnde Wertschätzung im Beruf erfahren wir beispielsweise, wenn unser Gegenüber statt uns anzuschauen, auf seinen Computerbildschirm starrt oder mit seinem Smartphone kommuniziert. Mangelnde Wertschätzung kann sich auch darin ausdrücken, dass wir uns nur unzureichend von unserem Gegenüber informiert fühlen, dass Fehler verschwiegen oder verheimlicht werden oder dass die morgendliche Begrüßung ausfällt.

2.) Wir sind wertschätzend im Umgang mit anderen, wenn wir zu allen im Team Kontakt halten und nicht nur zu einer Gruppe, wenn wir es ablehnen über Dritte zu lästern oder wenn wir daran glauben und dies auch signalisieren, dass unser Gegenüber eine ihm gestellte Aufgabe schafft.

3.) Wie notwendig Wertschätzung ist, zeigen Ergebnisse der Hirnforschung. Angst und Druck aktivieren Bereiche im Gehirn, die uns dazu bringen, fliehen zu wollen oder die uns erstarren lassen. Anerkennung dagegen löst in den Teilen des Gehirns positive Reaktionen aus, die dafür sorgen, dass wir kreativ und sozial sind und selbständig und lösungsorientiert arbeiten.

 

Tipps zum Lesen

Bauer, J.: Prinzip Menschlichkeit, 2008 (4. Auflage), Heyne Verlag,

ISBN: 9783453630031

Hüther, G.: Die Macht der inneren Bilder, 2014 (8. Auflage), Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, ISBN: 9783525462133

ManagerSeminare: Vom Wert der Wertschätzung, Heft 138, 2009

Matyssek, A. K.: Wertschätzung im Betrieb, 2011, books on demand,

ISBN: 978-384234665

Worliczek, H., Zechmeister, E.: Berufsprinzip Mensch sein, Kindle Edition, 2012, Goldegg Verlag

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