Im Vertrauen

‚Wir haben vollstes Vertrauen in den Trainer…‘, ‚ich vertraue mir selbst…‘, ‚meinen Mitarbeitern vertraue ich voll und ganz‘: Noch vor wenigen Jahrzehnten ‚führte der Begriff‘ Vertrauen ‚ein eher randständiges Dasein‘ (Spektrum, Lexikon der Psychologie). Inzwischen ist er aus keinem unserer Lebensbereiche mehr wegzudenken. Wir vertrauen unseren Partnern, unserem Auto, unserem Computer, unserer Mitmenschen oder uns selbst, zumindest mehr oder weniger, denn sonst könnte unser privates und berufliches Leben nicht funktionieren.

Vertrauen richtet sich in die Zukunft und basiert auf der Vergangenheit: Aufgrund unserer Erfahrungen verlassen wir uns darauf, dass auch künftig die Dinge so laufen, wie bisher. Etwa im beruflichen Alltag, wenn wir davon ausgehen, dass der langjährige Kollege auch künftig zuverlässig und wertschätzend mit uns zusammen arbeitet oder dass wir uns weiterhin mit den sorgfältig recherchierten Informationen und dem Wissen der Kollegin rechnen können.

Für Führungskräfte ist Vertrauen in einen anderen Menschen eine ganz eigene Herausforderung. Einerseits sind sie verantwortlich für die Arbeit im Unternehmen und müssen wissen, was ihre Mitarbeiter jeweils tun, andererseits können sie mit falsch verstandener Kontrolle, überbordender Bürokratie und Überwachung Mitarbeiter so demotivieren, dass diese nur noch Dienst nach Vorschrift machen.

Vertrauen ist keine Einbahnstraße: Führungskräfte müssen damit umgehen lernen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen sie vertraut und in die sie viel investiert haben, sie auch bitter enttäuschen können. Denn nicht immer honorieren Mitarbeiter das ihnen geschenkte Vertrauen.

Vertrauen heißt zu riskieren. Denn unser Vertrauen macht uns verwundbar und verletzbar. Im Normalfall entsteht gegenseitiges Vertrauen zwischen zwei Menschen oder zwei Organisationen nur dann, wenn einer der beiden es wagt, auf ein gemeinsames Vertrauenskonto einzuzahlen, in der Hoffnung, dass der andere dies ebenfalls tut. Er traut sich zu ver-trauen. Viel Mut und viel Vertrauen von allen verlangt z. B. der Moment, wenn ein neuer Mitarbeiter, eine neue Mitarbeiterin ins Team kommen und niemand weiss, ob er oder sie verlässlich sind.

Vertrauen entsteht nicht dadurch, dass jeder zum anderen nett ist und keiner dem anderen zu nahe tritt. Vertrauen braucht Klarheit, Verlässlichkeit und das Wissen, dass alle Beteiligten ihre gegebenen Versprechen einhalten.

 

Checkliste

 

1.) „Wir müssen einander vertrauen…, den Autofahrern, die uns in der Kurve entgegen kommen… den Installateuren…, den Lehrern…, Ärzten… und den Lokführern… und Piloten“, sagte Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Trauerrede im Kölner Dom anlässlich des Flugzeugabsturzes am 24. März in den Französischen Alpen, „…nirgendwo kommen wir ohne Vertrauen aus…“. Wir müssen einander vertrauen und riskieren, uns auf den anderen und sein Verantwortungsgefühl zu verlassen, auch wenn wir ihn nicht kennen.

2.) Vertrauen schenken heißt, sich verletzlich zu zeigen.

3.) Für einen vertrauensbildenden Prozess in Politik und Wirtschaft kann auch die Tit-for-Tat-Strategie (Zug für Zug) aus der Spieletheorie hilfreich sein. (wikipedia: Tit for Tat ist eine englische Redewendung, die zuerst im 16. Jahrhundert in der Form „tip for tap“ belegt ist). Bei Tit-for-Tat können beide Spieler ‚gewinnen‘, wenn der erste Spieler sich kooperativ verhält und der Gegenspieler dies ebenfalls tut. Die Tit-for-Tat-Strategie geht davon aus, dass alle, wenn sie ihren Nutzen davon haben, versuchen werden, eine win-win-Situation herzustellen. Verhält sich einer der beiden Spieler gegenüber dem anderen ‚ausbeuterisch‘, dann sollte nach der Tit-for-Tat-Strategie der andere den Ausbeutungsversuch abschmettern. Signalisiert der ‚Ausbeuter-Spieler‘ wieder Kooperation, dann kann ihm der andere wieder kooperierend entgegenkommen.

Tipps zum Lesen

Gauck, Joachim: Gedenken an die Opfer des Flugzeugabsturzes, http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2015/04/150417-Flugzeugabsturz-Trauerfeier-Koeln.html

Lexikon der Psychologie: http://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/vertrauen/16374

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