Wir wachsen zusammen zu einem Team

Bernd S. hatte sich auf seine neue Aufgabe gefreut. Statt eine einzelne Abteilung zu führen, wie bislang, sollte er bei seinem Arbeitgeber, einem mittelständischen Unternehmen der Automobilbranche, als Marketingleiter eine der Hauptabteilungen seines Hauses übernehmen. Gefördert vom Vorstand packte der freundliche, erfolgsorientierte und gut ausgebildete Fachmann begeistert die Herausforderung an, 20 engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem Team zusammenzuführen und neue Geschäftsstrategien für das Unternehmen zu entwickeln. Bereits nach wenigen Wochen war er völlig ernüchtert. Unmissverständlich hatten ihm seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter klar gemacht, dass sie ihn als „Neuen“, als Chef nicht haben wollten – mit drastischen Mitteln. Noch fast harmlos erschien dabei ihr Verschweigen für ihn wichtiger Informationen. Dramatische Verleumdungen wie, er lasse sich von Kunden bestechen, schockierten ihn.

Im Coaching erarbeitete sich Bernd S. allmählich wieder sein Vertrauen zu sich und seiner Arbeit und entdeckte, dass sein Team in ihm einen fachlich herausragenden Chef hat, er jedoch dem Team gegenüber seine Ziele undeutlich darstellt, seine Mitarbeiter nur mit vage formulierten Aufträgen beauftragt, und sie sich deshalb verunsichert fühlen, weil sie nicht wissen, was er wirklich von ihnen erwartet. Inzwischen nimmt er sich ausreichend Zeit für die Erarbeitung und die Präsentation der Themen, die das Team bearbeiten soll, er greift zielführende Anregungen seiner Kolleginnen und Kollegen mit einem Lob auf und gibt seinem Team Raum für fachliche Diskussionen. Bei wichtigen Themen lädt er zu gut vorbereiteten Team-Workshops ein und versucht bewusst, seine Mitarbeiter dazu anzuregen, kontroverse Standpunkte herauszuarbeiten und auszudiskutieren. In Anlehnung an Walt Disneys Kreativitätstechnik bestimmt er am Anfang einer Diskussion einen Mitarbeiter als Kritiker, der jede Position, jede Aussage der Teammitglieder mit einer Gegenposition kontert. Eine Rolle, die im Laufe der Zusammenarbeit abwechselnd alle im Team einnehmen. Daraus entwickelte sich zur Überraschung aller eine konstruktive und zielführende Streitkultur, die dem Team half, immer wieder ungewöhnliche Ideen zu generieren. Achtsam wird Bernd S. in Teamsitzungen, wenn er beobachtet, dass einige seiner Teammitglieder bei einem Thema verstummen und sich nicht mehr am Gespräch beteiligen. Mit einem „…haben wir nach Ihrer Einschätzung noch unsere Ziele im Blick?„ gelingt es ihm jedoch oft, dass sich alle wieder an der Diskussion beteiligen. Zu seiner eigenen Überraschung kann er inzwischen auch seine Unsicherheiten über eine Entscheidung ins Team tragen. Sätze wie „ich bin mir nicht sicher, ob wir mit dieser Idee auf dem richtigen Weg sind“ werden von seinem Team längst nicht mehr als Hilflosigkeit interpretiert, sondern als Vertrauensbeweis.

 

Viel Erfolg beim Zusammenwachsen Ihres Teams!

 

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

1.) Die Entwicklung zu einem Team hängt von der Auswahl der einzelnen Mitarbeiter ab. Falls möglich, sollten sie unterschiedliche Kompetenzen und Fähigkeiten haben. Nicht immer haben jedoch Teamleiter die Möglichkeit, ihr Team selbst zusammen zu stellen. Oft stehen sie vor der Herausforderung, aus einer heterogenen Gruppe ein Team zu entwickeln.

 

2.) Förderlich für die Entwicklung eines Teams sind klare, für alle nachvollziehbare Ziele, die Beteiligung der Mitarbeiter an der Entwicklung der Ideen und der Entscheidungsfindung, und die Kunst des Teamleiters, konstruktive Kritik und Gegenpositionen bewusst herbei zu führen.

 

3.) Das Einhalten von Vereinbarungen und Terminen und das bewusste Feiern von Teilzielen – etwa durch ein Lob an das gesamte Team seitens des Teamleiters sind für das Zusammenwachsen eines Teams von Bedeutung.

 

4.) Gelingt es einem Teamleiter, das individuelle Fachwissen seiner Teammitglieder gezielt einzusetzen und das Wissensmanagement innerhalb des Teams zu organisieren, trägt dies zur Entwicklung eines „wir“-Gefühl innerhalb eines Teams weiter bei.

 

5.) Teamentwicklung braucht Geduld. Von allen. Auch von der Leitung eines Unternehmens.

 

Tipps zum Lesen

Immer, wenn es für uns möglich ist, wählen wir für Sie aus der sehr umfangreichen Literatur zu Beruf und Karriere einige Bücher aus, die unsere ganz subjektiven Empfehlungen für Sie sind:

Becker, Heinz, Teamführung

2009, Frankfurter Allgemeine Buch, ISBN: 9783899812084

Krüger, Wolfgang, Teams führen, 2009, Haufe-Lexware, ISBN: 9783448088731

Beiträge, die Sie auch interessierten könnten