Riskieren riskieren

Was ist riskant? Die schnelle Fahrt auf unübersichtlicher Straße oder das klare Wort dem Kollegen oder der Vorgesetzten gegenüber? Jeder von uns empfindet etwas anderes als besonders riskant. Während es z. B. für die Kollegin aus der Nachbarabteilung gar kein Problem ist, ihren Standpunkt fest und ohne wenn und aber zu vertreten, wälzen wir uns nächtelang im Bett herum und diskutieren mit uns selbst immer wieder neue Varianten aus, wie wir unserem Mitarbeiter verdeutlichen, dass seine Arbeitsleistung alles andere als zufriedenstellend ist. Riskant ist möglicherweise auch, dem Freund, der Freundin zu sagen, dass wir sie, dass wir ihn mögen und uns mehr wünschen, als nur eine nette Bekanntschaft. Wir fürchten uns davor, zurückgewiesen zu werden, uns zu blamieren und unser Gesicht zu verlieren.

Etwas zu wagen, ein Risiko einzugehen, dazu gehört Mut. Mut, Überzeugungen loszulassen, ausgetretene Pfade zu verlassen, den alten Trott aufzugeben und Neues zu wagen. Keine leichte Aufgabe für uns. Schließlich belohnt uns unser Gehirn mit uns wohltuenden Botenstoffen aus der Gruppe der Opioide, wenn wir uns auf lang eintrainierten Pfaden bewegen und unsere lieb gewonnenen Gewohnheiten beibehalten.

Das Andere, das Ungewohnte? Bringt uns dies das gleiche behagliche Gefühl? Eher nein. Stellen wir uns beispielsweise vor die Herausforderung, endlich den lange schwelenden Konflikt in unserer Abteilung anzusprechen, dann fühlen wir uns schon bei dem Gedanken unwohl. Wir wissen nicht, wie das Gespräch enden wird und wie wir dastehen werden, wenn alles vorbei ist. Da ist es doch viel angenehmer, mit der Kollegin über den uns wenig genehmen Kollegen zu klatschen und zu tratschen. Statt befürchten zu müssen, dass wir durch das klärende und zielführende Gespräch unsere Tratschpartnerin verlieren und für sie uninteressant werden, und der Kollege dennoch abweisend und unzugänglich bleibt.

Wie wäre es, erst einmal das Riskieren zu riskieren und dies zu üben? Und uns dabei zu fragen, was könnte uns im allerschlimmsten Fall passieren? Z. B., wenn wir als Perfektionist auch einmal improvisieren? Oder dem Kollegen vorschlagen, in der Mittagspause mit ihm spazieren zu gehen, statt in die Kantine zum Essen? Das Riskieren riskieren heißt nicht, Bungee jumping zu machen oder Fallschirm zu springen. Riskieren riskieren kann heißen, ab und an das Gewohnte hinter sich zu lassen, ein offenes Wort zu wagen und weniger darüber nachzudenken, dass wir damit scheitern können, sondern vielmehr darauf zu vertrauen, dass wir gewinnen; zumindest an Erfahrung.

 

Checkliste

 

1.) „Riskier was, Mensch! 7 Wochen ohne Vorsicht“, so hat dieses Jahr die ‚Aktion 7 Wochen ohne‘ ihre Fastenaktion überschrieben. Wir werden in der laufenden Fastenzeit nicht dazu aufgefordert, unser Leben zu riskieren oder komplett auf den Kopf zu stellen. Vielmehr geht es den Einladenden der Evangelischen Publizistik darum, uns dazu anzuregen, hin und wieder unseren Alltagstrott zu verlassen, ab und an unsere tägliche Routine zu durchbrechen und uns dank der neuen Erfahrungen, die wir mit uns selbst machen, weiter zu entwickeln.

2.) Etwas zu riskieren, bedeutet für jeden von uns etwas anderes. Während der eine jedes Jahr den Abenteuerurlaub braucht, damit er mit sich im Reinen ist, heißt etwas zu riskieren für die andere, mal abends ohne fertig gepackte Tasche für den nächsten Arbeitstag ins Bett zu gehen, mit dem Risiko, in der Morgeneile etwas zu vergessen.

3.) Riskieren riskieren kann auch heißen, uns für die lang geplante Weiterbildung anzumelden, auch wenn sie unsere private Routine durcheinander bringt. Oder wir beginnen endlich Sport zu machen, auch wenn uns das Sofa zuhause viel lieber ist. Vielleicht stellen wir uns sogar den Ängsten, die wir seit langem mit uns herumtragen und die uns daran hindern, wirklich derjenige zu sein, der wir sind oder sein wollen.

Tipps zum Lesen

 

Jasner, Carsten, Mut proben!: Das Leben ist tödlich. Aber es muss nicht sterbenslangweilig sein. 2011, Blanvalet Verlag, ISBN: 9783764504090

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