Klare Worte

Klare Worte

Gebannt sitzen wir am Tisch und lauschen den Ausführungen unserer Kollegin, unseres Kollegen. Ohne viel Aufhebens, ohne großes Tamtam seitens des Vortragenden lassen wir uns in ein für unser Unternehmen wichtiges Thema einführen. Am Ende der Besprechung zustimmendes Nicken und zufriedene Mienen. Die Sachverhalte sind klar, der Weg zum gemeinsam festgesetzten Ziel erkennbar und unsere Fragen haben verständliche Antworten bekommen. Für viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind solche Erfahrungen eher selten. Sie erleben viel häufiger langatmige und monologisierende Ausführungen seitens ihrer Kolleginnen und Kollegen und ihrer Vorgesetzten, um am Ende eines Meetings genauso unwissend zu sein wie zu Beginn.

Verständlich zu sprechen und möglichst unmissverständlich zu sein, setzt voraus, dass ich mich zunächst frage, worum geht es bei einem von mir zu diskutierenden Gegenstand und was möchte ich mit meinen Aussagen erreichen? Kenne ich den Sachverhalt genau genug, um mit klaren Worten darüber reden zu können? Oder bleibt mir aus Mangel an Kenntnissen nur das Schwafeln? Und das dann mit vielen Füllwörtern in meinen Ausführungen wie ‚nun, einfach, bestenfalls, übrigens, gleichsam, letztendlich, sozusagen, jedoch‘? Und gerne gleich mehrfach in einem Satz? Der große Philosoph Karl R. Popper (1902-1994) forderte von sich und den Intellektuellen seiner Zeit, ihr Wissen in der ‚einfachsten und klarsten und bescheidensten Form darzustellen… Wer’s nicht einfach und klar sagen kann, der soll schweigen und weiterarbeiten, bis er’s klar sagen kann‘ (K.R. Popper: ‚Gegen die großen Worte‘, 1971). Habe ich ein Thema gründlich durchdacht und durchgearbeitet, dann, so sagt Popper, gelingt es mir, meinen Standpunkt eindeutig und verständlich zu vertreten. Oder es sollte mir gelingen. Denn oft genug macht mir meine innere Unsicherheit einen Strich durch die Rechnung und lässt mich in Formulierungen flüchten wie, ‚ich würde mich freuen…, aus meiner Sicht wäre zu empfehlen…, ich würde vermuten…, nach meinen Vorstellungen hätte / müsste … ‘. Kaum verwunderlich, wenn mein Gegenüber nach einer derartigen Ansprache sich keineswegs verpflichtet fühlt, mich anzurufen, meine Sicht der Dinge zu teilen oder sich meine Empfehlung anhören möchte. Will ich erreichen, dass in einem Meeting, einem Vortrag, einem Brief oder einer Email meine Wünsche und Meinungen respektiert werden, dann gehe ich genau und präzise mit meiner Sprache um. Statt z. B. ‚ich würde mich freuen‘ zu sagen oder zu schreiben, benutze ich ab sofort die Formulierung ‚ich freue ich mich‘, wenn mich mein Gesprächspartner zurückrufen soll oder ich bitte ihn konkret um einen Rückruf bis zu einem bestimmten Termin.

Unterstreiche ich beim Sprechen meine Gedanken mit einer offenen und zugewandten Körpersprache, dann schaffe ich es auch als schüchterner Mensch, dass mir die anderen zuhören.

Checkliste

 

1.) Sprechen lernen wir früh. Uns dabei verständlich auszudrücken nicht immer. Eine klare Sprache lässt sich üben und lernen. Beobachten wir, dass wir oft missverstanden werden, dann können wir Freunde oder unsere Familie bitten, uns zu helfen, künftig verständlicher zu werden. Oder wir suchen professionellen Rat bei einem Trainer oder Coach. Besonders dann, wenn wir uns beim ‚öffentlichen‘ Sprechen in Meetings oder bei Vorträgen unsicher fühlen.

2.) Klare Worte bedingen meist auch klare Gesten, eine eindeutige Mimik und eine offene Körperhaltung.

3.) Ein gutes Übungsfeld für eine klare Sprache sind Emails oder Kurznachrichten.

4.) Stehen wir vor der Herausforderung, einen uns wichtigen Sachverhalt klar und eindeutig zu kommunizieren, dann kann es helfen, wenn wir unsere Gedanken aufschreiben, sie danach strukturieren und uns anschließend laut vortragen. Unsere Stimme und unser Stolpern an bestimmten Stellen oder das Auftreten von vielen Füllwörtern in einem Satz verraten uns, wo wir noch nicht gründlich genug nach- und weitergedacht haben.

Tipps zum Lesen

Engelken, Eva: Klartext für Anwälte. Verständliche Kommunikation in Wort und Bild, 2010, Linde Verlag, ISBN: 9783709303207

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