„…never be a star“…

… singt Kevin Johnson (geb. um 1943 in Australien) in seinem einzigen Welthit 1973. Voller Melancholie beschreibt er in „Rock’n Roll I gave you the best years of my life“ die Versuche eines Musikers, seinen Traum von einem Weltstar zu verwirklichen. Bei Hundert Plattenfirmen sprich und singt er vor, bis er am Ende traurig feststellt, dass er immer einen Schritt zu spät kommt, um außergewöhnlich zu sein („That I was always, just one step behind you“). Ob der australische Sänger damit seine eigene Leidenschaft für den Rock’n Roll beschreibt, die ihn dennoch nie zu einem wirklichen Star machte, ist nicht endgültig überliefert. Bis heute schreibt Kevin Johnson erfolgreiche Songs und Filmmusiken, ohne das sein Name einem breiten Publilum bekannt ist.

Biographien wie die von Kevin Johnson gibt es millionenfach. Nur selten gelingt es Einzelnen, das zu werden, wovon viele träumen und wovon ganze Shows leben: ein Superstar zu werden, die Vorstandsvorsitzende eines DAX-Unternehmens, ein weltberühmte Architekt, der beste Professor an einer Exzellenz-Universität oder die ausgezeichnete Leiterin eines renommierten Krankenhauses. Die meisten von uns bleiben im Beruf Mittelmaß. Das heißt jedoch nicht, dass wir uns beruflich nur mäßig engagieren. Wir haben aufgrund unserer persönlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten Grenzen, mit denen wir gelernt haben umzugehen. Wir bringen es in unserem erlernten Beruf so weit, wie es uns möglich ist. „Das Mittelmaß … ist… das menschengerechteste Maß“ für uns, wie Markus Reiter in seinem Buch „Lob des Mittelmaßes“ schreibt.

Mittelmaß zu sein heißt nicht, mittelmäßig zu sein. Mittelmaß bedeutet, wir haben Talente und Intelligenz, die wir für uns und unseren Beruf so optimal wie möglich einsetzen. Mittelmäßigkeit dagegen bedeutet, die Dinge laufen zu lassen, träge am Rande zu stehen und wenig Engagement zu zeigen.

Weshalb fällt es uns so schwer, uns daran zu erfreuen, dass wir es mit Mittelmaß schaffen, gut ausgebildet zu sein und unsere Frau und unseren Mann zu stehen? Weshalb fördern wir bevorzugt Exzellenzuniversitäten und vergessen dabei, möglichst vielen jungen Menschen die Chance zu bieten, mit großer Selbstsicherheit Mittelmaß zu sein? Ohne uns Durchschnittliche mit unserem Willen, unser Bestes zu geben, gelingt es Unternehmen, Institutionen und Hochschulen nur selten, ihre angestrebten Ziele zu erreichen.

Natürlich, Eliten und Exzellenzen müssen sein, doch das Mittelmaß ebenso.

Checkliste

 

1.) Wir träumen davon, mehr zu sein, etwas Besonderes zu sein, uns abzuheben von der sogenannte breiten Masse und wenn es uns dies schon nicht gelungen ist, dann sollen es unsere Kinder und Enkelkinder schaffen.

2.) Was würde wohl geschehen, wenn Unternehmen in ihren Stellenanzeigen schreiben würde, sie suchen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Mittelmaß? Oder wenn sie sagen würden, statt Überflieger seien ihnen Menschen willkommen, die versuchen die Begrenzungen beruflichen Fähigkeiten mit Fleiß und Engagement auszugleichen. Es gäbe vermutlich mehr Gelas-senheit und ein größeres Selbstbewusstsein der Mitarbeiter in den Betrieben und Institutionen.

3.) Zu erkennen, dass ich zum Mittelmaß gehöre, macht es mir leichter, die Leistungen meines Gegenübers zu akzeptieren und zu fördern und immer dann, wenn er oder sie zwischendrin eine außergewöhnliche, eine geniale Idee hat, diese zu schätzen und zu unterstützen. Denn Mittelmaß heißt nicht, dass Geistesblitze ausgeschlossen sind. Auch meine eigenen nicht.

 

Tipps zum Lesen

Reiter, Marcus: „Lob des Mittelmaßes“, 2011, Oekom Verlag, ISBN: 978-38658123918

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