Michelangelo

Ob die Sätze stimmen weiß ich nicht. Laut Überlieferung jedenfalls soll Michelangelo (1475-1564) auf die Frage, wie es ihm gelungen sei, so etwas wunderbares wie die David-Statue in Florenz zu modellieren (1501-1504), geantwortet haben: ‚Ich habe den David nicht kreiert, er war schon da in diesem riesigen Marmorblock. Ich musste nur die Steinschichten abschlagen, um ihn darin zu finden‘.

Kurz und knapp fasste der Künstler, der mit dem David die bekannteste Skulptur der Kunstgeschichte hervorgebracht hat, mit diesen Worten zusammen, worum es grundsätzlich geht, wenn wir etwas bewirken möchten, nicht nur bei einem Meisterwerk, sondern auch bei alltäglichen Dingen. Z. B. wenn wir versuchen, ein neues Zeitmanagement für unsere tägliche Arbeit einzuführen oder ein Konzept für die Zusammenarbeit in der Abteilung entwickeln sollen. Oder wenn wir davon überzeugt sind, dass wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch unsere Ermutigungen und unsere konstruktive Kritik die Chance bieten, das zu sein, was sie sein könnten.

Das Wichtigste dabe ist, so verstehe ich zumindest die Aussage von Michelangelo, das Vertrauen, das ‚es‘ da ist. Dass es überall und in jedem von uns etwas gibt, das sich lohnt, herauszuarbeiten. Vorausgesetzt, wir trauen uns zu, allein oder gemeinsam mit anderen, das Verborgene zu entdecken.

Neben dem Vertrauen gehören dazu drei weitere Dinge. Zum einen Geduld, dann der Mut, den ‚ersten Schlag mit dem Meißel‘ auszuführen und damit den ersten Schritt zu wagen und das Wissen, dass wir auch scheitern können.

Angenommen, nur einmal angenommen, wir haben uns zum Ziel gesetzt, endlich in den nächsten Abteilungskonferenzen unsere Meinung vorzutragen, ohne Angst, dass wir dafür kritisiert oder gar ausgelacht werden. Der erste ‚Meißelschlag‘ könnte dabei die Erkenntnis freisetzen, dass nur wir es sind, die dies ändern können und nicht unser Gegenüber. Die nächsten ‚Meißelschläge‘ bringen dann vielleicht zum Vorschein, weshalb wir Angst vor dem Auftritt in der Runde unserer Kolleginnen und Kollegen haben. Und mit den späteren ‚Meißelschlägen‘ enthüllen wir, wie wir unser Ziel erreichen oder wir schälen stattdessen heraus, dass für uns andere Dinge wichtiger sind, als das Ereignis Abteilungskonferenz.

Ich werde zwar nie ein die Jahrhunderte überdauerndes Meisterwerk schaffen können, jedoch den ersten ‚Meißelschlag‘ und in dem Vertrauen, dass er zu einem von mir gewünschten Ziel führen kann, den werde ich tun.

Tipps zum Lesen

Grimm, Hermann, Hrsg. Woldemar von Seidlitz: ‚Michelangelo‘,

Vollmer Verlag, ISBN 9783888511684

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