Rhythmus

„Das Schlimmste für mich ist, dass ich im Alltag meinen Takt nicht mehr finde.“ Die Aussage meines neuen Klienten verblüffte mich im ersten Moment. Er hatte um eine Beratung gebeten, weil er erfahren hatte, sein Unternehmensbereich Finanzbuchhaltung solle in einem halben Jahr in die 350 km entfernte Konzernzentrale verlegt werden. „Die Perspektive, eventuell umziehen zu müssen, und einen neuen Arbeitsplatz anzunehmen, erscheint mir einfach unmöglich.“ Bislang war sein Berufsleben äußerst geradlinig verlaufen. Seit mehr als 24 Jahren arbeitet er in seinem bisherigen Unternehmen, und er hatte geplant, dies bis zu seiner Rente zu tun. Seinen klar strukturierten Arbeitstag hatte er immer als beruhigend „und im Takt“ empfunden. Jetzt wusste er nicht mehr, wie sein künftiges Leben aussehen würde, falls er sich mit seiner Familie zu dem Arbeitsplatz- und Ortwechsel entschließen sollte. Er fühlte sich unwohl bei dem Gedanken, Neues ausprobieren und seine Gewohnheiten ändern zu müssen. Nach einiger Zeit der Beratung begann der Hobbymusiker und Jazzliebhaber seine Erfahrungen mit der Musik auf seinen Alltag zu übertragen und veränderte mit kleinen Schritten den Rhythmus seines Arbeitsalltags. Zunächst wählte er ab und an einen anderen Heimweg als den gewohnten. Weiterhin strukturierte er seinen Tagesablauf im Büro hin und wieder um und nannte die speziell dafür ausgewählten Tage seine „Bewegungstage“. Jedes Mal, wenn er tatsächlich einen Bewegungstag durchgehalten hatte, belohnte er sich selbst mit einer Kleinigkeit – etwa einem Extrastück von seiner Lieblingsschokolade. Einmal in der Woche verabredete er sich mit Kollegen aus der Nachbarabteilung zur Frühstückspause und nach einer Weile hatte er gleich mehrere Kollegen zu einem Spaziergang in der Mittagspause gewonnen. „Ich habe nicht geglaubt, dass mich die scheinbar kleinen, regelmäßigen Veränderungen im Kopf beweglicher machen, und ich mir inzwischen auch immer mal wieder andere Perspektiven für mein berufliches Dasein vorstellen kann“, fasste er nach ein paar Wochen seine Erfahrungen zusammen. Am Ende der Beratung brachte er ein Stück seiner Musikgruppe mit, das er selbst komponiert mit den Worten „Rhythmus“ überschrieben hatte. Noch weiß er nicht, ob er das Angebot seines bisherigen Arbeitgebers annehmen und mit seiner Familie einen Neuanfang wagen soll. Aber der Weg dorthin ist leichter geworden.

 

Checkliste

Die Checkliste verweist auf Fragen und Erfahrungen aus der täglichen Coaching-Praxis.

1.) Der Lebensrhythmus eines Menschen wird von den Jahreszeiten, dem Tageslicht, den Essritualen und seinem sozialen Umfeld bestimmt. Dazu gehören auch sein Alltag im Beruf und im Privatleben und die Strukturen, die er seinem Alltag gibt. Kleine regelmäßige Veränderungen, die sich am Lebensrhythmus orientieren, können helfen, offen für Neues zu werden oder zu bleiben.

2.) Der Lebensrhythmus eines Menschen wird von den Jahreszeiten, dem Tageslicht, den Essritualen und seinem sozialen Umfeld bestimmt. Dazu gehören auch sein Alltag im Beruf und im Privatleben und die Strukturen, die er seinem Alltag gibt. Kleine regelmäßige Veränderungen, die sich am Lebensrhythmus orientieren, können helfen, offen für Neues zu werden oder zu bleiben.

3.) Entscheidend für eine Veränderung ist meist nicht die Art der kleinen Schritte, die gegangen werden, sondern der Mut, den ersten kleinen Schritt zu tun. Die Unterstützung durch ein Coaching oder eine Therapie kann hier hilfreich sein.

Beiträge, die Sie auch interessierten könnten