Mit Geduld zum Tor

Freundschaftsspiel Deutschland Norwegen am 16. Juni 2011: die deutschen Fußballfrauen spielen sich Chance um Chance heraus, doch das ersehnte Tor fällt einfach nicht. Erst in der 79. Minute bringt ein Kopfballtor von Simone Laudehr die überlegene deutsche Mannschaft in Führung. Erleichterung auch beim Fernsehreporter, der mit vielen Worten die große Geduld der Fußballfrauen lobt und Geduld als eine der Tugenden ausgibt, die eine Mannschaft brauche, wenn sie ein Turnier wie eine Fußballweltmeisterschaft erfolgreich bestehen wolle.

Das Freundschaftsspiel war eine Lehrstunde für Geduld: immer wieder hatte eine der jungen Frauen das erlösende Tor auf dem Fuß, immer wieder gelang der entscheidende Abschluss nicht. Unverdrossen und äußerlich ohne erkennbaren Frust spielten die Nationalspielerinnen mit großem Engagement 78 Minuten lang immer weiter, offenbar fest davon überzeugt, dass ihre Geduld am Ende mit einem Tor belohnt wird. Sie glaubten an das Erreichen ihres Zieles, einen Sieg über die Norwegische Nationalmannschaft und damit an einen erfolgreichen Abschluss ihrer Vorbereitungen auf die kommende Weltmeisterschaft der Fußballfrauen.

Geduld zu haben verlangt viel von uns. Etwa, wenn ein Mitarbeiter von uns aus unserer Sicht viel zu lange braucht, ehe er versteht, welche Arbeit von ihm erwartet wird oder wenn Kunde von uns umständlich sein Anliegen formuliert. Wir wünschen uns eine rasche Antwort, eine schnelle Entscheidung, und beim Telefonieren keine Warteschleife mit Musik. Wir erwarten, dass sich Erfolg im Beruf und im Privatleben sofort einstellen und nicht erst, nachdem wir geduldig und mit Engagement dafür gearbeitet haben. Haben wir uns erst einmal dafür entschieden, dass wir ein besseres Zeitmanagement im Beruf leben wollen, dass wir ein Projekt rascher und problemloser in den Griff bekommen möchten, dass wir weniger ungeduldig mit unhöflichen Kunden sein wollen, dass wir endlich die 10 Kilo abnehmen, dann erwarten wir oft ungeduldig, dass sich die von uns angestrebten Veränderungen möglichst rasch verwirklichen.

Vielleicht helfen uns dabei die Nationalspielerinnen: geduldig mit uns und anderen zu sein, auch wenn wir oder sie Fehlpässe machen, und wir immer wieder rückwärts spielen anstatt nach vorne zu drängen. Und wenn wir dann noch lernen, dass es für uns meistens hilfreicher ist, Veränderungen in kleineren Schritten anzugehen, dann stärken wir unser Durchhaltevermögen – bis zum ersten Tor in der 79. Minute.

   

Checkliste

 

1.) Geduld ist lernbar: Helfen kann uns zum Beispiel, wenn wir uns die Situationen aufschreiben, in denen wir immer wieder ungeduldig werden und uns danach überlegen, welche Gedanken oder uns dabei unterstützen können, allmählich geduldiger zu werden. Z. B., wenn wir innerlich unseren Kollegen beschimpfen, er soll schneller reden, weil wir längst im nächsten Termin sitzen wollen. Schaffen wir es, uns stattdessen innerlich zu sagen, dass wir jetzt aktives Zuhören trainieren, werden wir möglicherweise überrascht sein, welche wertvollen Informationen wir von unserem Kollegen bekommen.

2.) Entwicklungen brauchen Zeit. Unsere eigene, wie die der anderen. Wenn wir beispielsweise planen, uns beruflich zu verändern und weiter zu kommen, dann ist es sinnvoll, unsere Schlüsselqualifikationen gut zu kennen und weiter auszubauen, Erfahrungen zu sammeln und dann den nächsten Schritt zu tun.

3.) Wenn wir unsere Arbeit in Ruhe und mit Gelassenheit anpacken, werden wir vermutlich weniger Fehler machen und am Ende schneller zum Ziel kommen, als mit Hektik und Ungeduld.

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