Hilfe, meine Mitarbeiter sind viel älter als ich

Hilfe, meine Mitarbeiter sind viel älter als ich

 

„Seit einem halben Jahr leite ich die Abteilung für Forschung und Entwicklung in unserem Unternehmen. Meine 50 Mitarbeiter sind kreativ und innovativ. Ich habe allerdings den Eindruck, wir reden aneinander vorbei, wenn es um Arbeitsaufträge und Abstimmungsprozesse geht, und machen uns damit gegenseitig den Arbeitsalltag schwer.“ Der 32jährige junge Mann traf in seiner neuen Position auf überwiegend ältere Mitarbeiter, die alle im Unternehmen gelernt hatten. Seine Versuche, neue Arbeitsabläufe einzuführen, Teams anders zusammen zu setzen und dadurch die kreativen Prozesse zu verstärken, scheiterten kläglich. Er erkannte im Laufe der Beratung, dass er davon ausgegangen war, seine Lebensvorstellungen, seine privaten und beruflichen Ziele und seine Vorstellungen von der Arbeit im Team seien ähnlich wie die seiner älteren Kolleginnen und Kollegen. Beispielsweise schätzte er es, mit jedem Mitarbeiter direkt Kontakt aufzunehmen und mit ihm zu diskutieren ohne auf die Hierarchien Rücksicht zu nehmen. „Ich habe jetzt gelernt, dass ich damit meine Mitarbeiter verunsichere, weil sie nicht wissen, wen sie bei konkreten Fragen und Problemen ansprechen können. Kommen sie damit dann zu mir oder gehen sie zu ihrem Teamleiter?“ Nach einem Gespräch mit allen Mitarbeitern haben sie sich darauf geeinigt, dass er weiterhin alle anspricht, wenn er dies wünscht und für richtig erachtet, und er und seine Mitarbeiter am Ende jedes Gespräches gemeinsam überlegen, wer über die darin entwickelten Gedanken und Ideen informiert werden muss. Strategische Fragestellungen bespricht er mit seinen fünf Teamleitern, die daraus jeweils konkrete Arbeitsaufträge für ihr Team entwickeln. „Der Wunsch meiner Kollegen nach Hierarchie und mein Wunsch nach unmittelbarem Kontakt werden damit recht gut erfüllt. Und bei Problemen setzen wir uns sofort zusammen und klären sie.“

Eine wichtige Erkenntnis für ihn war auch, dass er seinen Mitarbeitern deutlich machen muss, wie sehr er ihr Wissen schätzt. Umkehrt haben seine Kolleginnen und Kollegen gelernt, seine Kenntnisse über moderne Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu respektieren und für sich als Chance zu nutzen. „Wir haben uns darauf geeinigt, den Satz, ‚das haben wir immer so gemacht‘, umzuwandeln in ‚weil wir so viel Erfahrung haben, können wir uns zutrauen, etwas Neues auszuprobieren‘.“

   

Checkliste

 

1.) In der Theorie klingt es gut: Junge und ältere Mitarbeiter ergänzen sich in ihrem Wissen und ihrem Know-how und profitieren voneinander. Die Praxis sieht häufig anders aus. Ältere Mitarbeiter bemängeln die mangelnde Erfahrung der jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die jüngeren wünschen sich mehr Offenheit, Flexibilität und Innovationsfähigkeit von den älteren. Oft kommt noch Neid hinzu auf deren besser bezahlte Stellen mit angenehmeren Bedingungen.

 

2.) Die Zusammenarbeit zwischen älteren und jüngeren Kollegen kann dann erfolgreich verlaufen, wenn alle gegenseitigen Erwartungen offen ansprechen, Rollen und Hierarchien seitens der Führungskräfte klar definiert werden, und alle dazu bereit sind, sich gegenseitig Wert zu schätzen und die jeweilige Leistung anzuerkennen. Hilfreich hierbei können gemischte Teams sein, die von geschulten Mitarbeitern oder von externen Beratern und Coaches zumindest in den Anfängen ihrer Zusammenarbeit begleitet werden.

 

Tipps zum Lesen

Bruch, Heike, Generationen erfolgreich führen: Konzepte und Praxiserfahrungen zum Management des demographischen Wandels, 2009

Gabler Verlag, ISBN: 9783834910424

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