Work life balance

„Meine neue Chefin hat mir nach ein paar Monaten unserer Zusammenarbeit geraten, mehr auf meine work life balance zu achten. Sie sehe, dass ich in meinem Beruf überfordert sei und etwas für mich tun müsse.“ Cathrin S., 37 Jahre alt, arbeitet seit 10 Jahren engagiert als Wellnessmanagerin in einem großen Hotel. Seit ein paar Monaten fühlt sie sich schon morgens vor der Arbeit ausgelaugt und erschöpft. „Ich habe nach dem Gespräch mit meiner Chefin viele Listen geschrieben und festgehalten, was mir als Ausgleich zu meinem Beruf alles Gute tun kann. Ich habe zu malen angefangen, mache mehr mit meiner Familie, treffe mich vermehrt mit Freunden, doch trotz work life balance fällt mir mein Alltagsleben täglich schwerer. Dabei liebe ich meinen Beruf. Ich wollte nie etwas anderes tun.“

Engagierte Menschen, die gerne beruflich tätig sind, wie Cathrin S. sehen ihre Arbeit als Teil ihres Lebens und nicht als Kontrastprogramm dazu. Ihnen schenkt der Beruf ebenso viel Freude und Zufriedenheit wie ihre Freizeit. Work life balance kann für sie eine Entlastung sein. In bestimmten Situationen bedeutet es für sie jedoch nur noch mehr Stress, und sie fühlen sich am Ende bei allem überfordert.

Cathrin S. begann sich nach einer Weile die Frage zu stellen, weshalb „mir mein Traumjob trotz vielseitigem Ausgleich in meiner Freizeit immer noch so viel Stress macht und mir die work life balance nicht hilft, meinen Stress abzubauen“. Sie erkannte, dass es nicht ihr gewohnter Berufsalltag ist, der sie überfordert, sondern die Aufforderung ihrer neuen Chefin an sie, anders zu arbeiten als sie es bislang getan hatte. „Ich bin ein zugewandter und zuverlässiger Mensch. Ich nehme gerne Anregungen auf und setze sie um. Schwer fällt es mir dagegen, meinen Kunden Produkte zu verkaufen, nach denen sie nicht gefragt haben. Das sollte ich auf Wunsch meiner Chefin jetzt vermehrt tun. Ich fühlte mich dadurch sehr verunsichert und hörte nur noch die innere Stimme, du kannst das nicht, du machst deine Arbeit nicht gut genug. Dem hatte ich nichts entgegen zu setzen.“

Im Coaching begann sie, ihr Selbstbewusstsein Schritt für Schritt zu festigen, und zu akzeptieren, dass ihre Stärke im freundlichen und zugewandten Umgang mit den Kunden liegt, nicht jedoch im Verkauf. Am Ende hat sie ihre Stelle gekündigt und sich einen anderen Arbeitsplatz gesucht, an dem sie sich wohl fühlt. „Wenn ich jetzt spüre, dass jemand Erwartungen an mich hat, die mich verunsichern, dann versuche ich, mit meinen Selbstzweifeln umzugehen und daran zu arbeiten. Und mein neu entdecktes Hobby malen kann ich jetzt genießen. Für diese Anregung bin ich meiner ehemaligen Chefin dankbar.“

   

Checkliste

 

1.) Für viele Menschen ist es wichtig, sich neben dem anstrengenden Beruf einen Ausgleich zu verschaffen, etwa regelmäßig Sport zu machen, wenn sie viel sitzen müssen.

2.) Nicht immer ist dieser Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben ein Schutz vor dem Gefühl, sich überfordert, sich überlastet zu fühlen. Im Gegenteil. Manchmal verstärkt der Anspruch, Arbeit und Leben ins Gleichgewicht zu bringen, das Gefühl, nicht mehr zu können, ausgelaugt zu sein. Unter anderem auch, weil für viele Arbeit Teil ihres Lebens und kein Widerspruch dazu ist.

3.) Hilfreich kann dann sein, konkret zu fragen, welche Momente es sind, in denen wir uns besonders überfordert fühlen, was dabei in uns vorgeht, welche inneren Stimmen wir hören und welche Verhaltensmuster wir zeigen. Erkennen wir beispielsweise, dass wir uns in bestimmten Situationen unsicher sind und uns dadurch als klein und unscheinbar empfinden, dann können wir uns dafür entscheiden, die Unsicherheit zu akzeptieren und anzunehmen, und dann Schritt für Schritt daran gehen, sie zu verändern. Mit guten Vorsätzen, mit einem Training für unser Selbstbewusstsein, mit einer Therapie oder mit einer Beratung.

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