Ich entscheide, wer mich ärgert…

„Als ich den Satz neulich im Radio hörte, verblüffte er mich. Statt mich durch jemand oder durch eine Situation ärgern zu lassen, entscheide ich, wer mich ärgert? Ich lege fest, von wem ich mich ärgern lasse und von wem nicht oder von was oder wodurch nicht? Statt mich von anderen aus dem Häuschen bringen lasse, etwa von dem Autofahrer, der mir in letzter Sekunde die Vorfahrt nimmt, von meinem Kollegen, der wieder einmal meine Ideen vor unserem Chef als die seinen verkauft oder von dem Kunden, der sich lange beraten lässt und dann doch nichts kauft und damit meinen Gegenübern die Macht über mich zu geben, bestimme ich, wie ich mit einer für mich ärgerlichen Situation umgehe? Normalerweise reagiere ich auf eine ärgerliche Situation sofort mehr oder weniger freundlich oder schlucke mühselig meinen Unmut hinunter, weil ich ihn im Moment nicht zeigen kann. Mit dem Satz „ich entscheide, wer mich ärgert“ erlaube ich mir, mit mir selbst darüber zu diskutieren, ob dieser unangenehme Moment Grund genug für mich ist, mich aufzuregen und zu empören oder eher nicht. Möglicherweise komme ich dann in meinem inneren Gespräch zu dem Schluss, dass mir der fremde Autofahrer und sein unerfreuliches Verhalten einfach gleichgültig sind. Oder, dass ich den Kollegen künftig nicht mehr vorab in meine Gedanken einweihe, sondern dass ich meine neuen Vorstellungen erst in Gegenwart unseres Chefs präsentiere, und den kaufunwilligen Kunden verabschiede ich mit einem freundlichen Auf Wiedersehen. Vielleicht kommt er ja einmal wieder und greift dann zum lang mit ihm diskutierten Produkt.

Gehen wir davon aus, dass wir jedes Mal entscheiden können, wer uns ärgern darf und wer nicht, werden wir allmählich gelassener mit schwierigen Situationen umgehen. Unterstützen können wir uns dabei durch zusätzliche Anti-Ärger-Strategien, etwa durch regelmäßige Bewegung, die kein Leistungsportniveau haben muss, sondern nur unseren Stress abbaut, oder, nach einem besonders unerfreulichen Arbeitstag, durch lautes Singen auf der Heimfahrt von der Arbeit, gerne auch falsch, uns hört keiner. Vorhersehbar schwierige Gespräche können wir mit unserer Familie oder mit unseren Freunden vorbereiten und unseren Umgang mit eventuell entstehendem Ärger gleich mit trainieren.

Ich ärgere mich nach wie vor über in meinen Augen unerfreuliche Dinge. Gelingt es mir, mir rasch zu sagen, ich entscheide, wer mich ärgert, dann gebe ich ihnen nicht so viel Macht über mich, und ich lasse mir durch sie nicht mehr so häufig die Stimmung verderben.

Checkliste

 

1.)Gegen Ärger und Stress im Beruf gibt es kein Allheilmittel. Manchmal verringern wir jedoch unseren Ärger über eine bestimmte Situation oder über unser Gegenüber, wenn wir versuchen, uns innerlich kurz Stopp zu sagen. Zum Beispiel durch den Satz, ich entscheide, wer mich ärgert.

 

2.)Bewegung, Atemtechniken, Entspannungsübungen sind ebenso hilfreiche Anti-Ärger-Strategien wie ein ruhiges Gespräch mit Freunden, Familie, einem Therapeuten oder einem Coach.

 

3.)Bei immer wiederkehrenden ärgerlichen Situationen stellt sich die Frage, ob wir zu hohe Anforderungen an uns stellen und unsere Ziele zu wenig konkret sind, und wir deshalb unsere Motivation verlieren und uns selbst frustrieren. Auch hier kann der Satz, ich entscheide, wer mich ärgert – nämlich ich mich selbst, dazu führen, dass wir anfangen, uns besser zu organisieren und uns realistischere Ziele setzen.

 

„Ich entscheide, wer mich ärgert“: Gehört in hr1-Live-Talk, 25. Dezember 2011, zitiert von Kapuzinerbruder Paulus und von ihm übernommen von einem Mitbruder.

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