Please pass the Ketchup

„Ich bin fast geplatzt, weil ich zunächst niemand etwas davon erzählen durfte, dass es möglicherweise Leben auf dem Mars gibt oder gegeben hat“, erzählt Richard Zare in einem kürzlich gesendeten Radiointerview von National Public Radio in den USA. 1996 hatte der Professor der Chemie an der Standford University in Kalifornien gemeinsam mit Kollegen erste Hinweise auf organisches Material in einem Mars-Meteoriten gefunden. „Beim Abendessen mit meiner Frau Susan und meiner Tochter Bethany ist es dann aus mir herausgebrochen. Ich habe ihnen von den für mich sensationellen Funden erzählt. Die Antwort meiner Tochter: ‚Please pass the Ketchup‘, ‚bitte reiche mir den Ketchup‘.“ Richard Zare erlebte mit Bethany, dass die für ihn so spannende Information „möglicherweise Leben auf dem Mars“ für seine Tochter eine ganz andere Bedeutung hatte als für ihn, nämlich keine.

Dies widerfährt uns allen häufig. Wir bekommen von unserem Gegenüber eine Information, hören sie oder lesen sie und ordnen sie in unsere Wahrnehmungsschemata ein. Mit der Konsequenz, dass wir oft genug gar keine Schlussfolgerungen ziehen, obwohl diese notwendig oder wie bei Richard Zare aufregend gewesen wären oder wir folgern etwas, was unser Gegenüber so gar nicht gemeint hat. Ein Beispiel aus dem Coaching Alltag: Klient Peter K. schreibt pünktlich seinen Projektbericht und bekommt von seinem Chef nach der Abgabe ds Berichts den lapidaren Hinweis, der Text sei zu lang. Statt sich darüber zu ärgern und zu glauben, der Chef interessiere sich nicht für die Arbeit, hat Peter K. ihn auf die ihn wenig motivierende Reaktion angesprochen und um weitere und konkrete Anmerkungen gebeten. Mit dem Ergebnis, dass sein Chef sich bei ihm entschuldigte für sein Versäumnis und sich zur Freude von Peter K. anerkennend und zielführend über den Bericht äußerte.

Gut miteinander kommunizieren, gleichgültig ob im Privaten oder im Beruf heißt zu versuchen, möglichst ‚umfassend Informationen zu geben und umfänglich Informationen zu holen ‘: Übermitteln wir z. B. aus unserer Sicht wichtige Informationen an unsere Kollegen oder Mitarbeiterinnen, dann stellen wir mit gezielten Nachfragen sicher, dass sie von unserem Gegenüber auch als bedeutend ‚gehört und empfangen‘ werden. Fühlen wir uns in einer Sache unzureichend informiert, dann fragen wir nach und bitten unsere Partner um die uns fehlenden Angaben. Statt hinterher zu sagen, ‚wenn ich das vorher gewusst hätte…‘ oder ‚das alles haben Sie mir nicht erzählt‘. Haben wir Informationen, die dem anderen nützlich sein können, dann sollten wir ihn darüber unterrichten, auch wenn unser Gegenüber uns nicht danach gefragt hat.

Doch so sehr wir uns um eine gute Kommunikation bemühen, so wenig kann unser Gesprächspartner dazu bereit sein. Denn mit dem Zurückhalten von Wissen lässt sich Macht ausüben. Wenn wir also über längere Zeit beobachten, dass unsere Mitarbeiterin, unser Kollege oder unsere Chefin gezielt Informationen für sich behalten, dann hilft nur eines: ganz genau zuzuhören, hartnäckig nachzufragen, ihn konkret darauf anzusprechen und unseren Vorgesetzten darüber zu informieren.

Manchmal bleibt allerdings auch nur eine Erkenntnis, dass nicht jede Information für unser Gegenüber so spannend ist, wie für uns: „Please pass the ketchup.“

 

Tipps zum Lesen

Schulz von Thun, Friedemann, Miteinander reden, Band 3: Das „Innere Team“ und situationsgerechte Kommunikation, 2010 (20. Auflage), rororo Verlag, ISBN: 9783499605451

National Public Radio Interview: http://www.npr.org/2012/11/20/165513016/big-news-from-mars-rover-scientists-mum-for-now

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