Kollegen-Coaching – mehr als ein Gespräch unter Kollegen

„Ich brauche Ihren Rat, wollen wir zusammen Mittag essen?“ „Ich weiß einfach nicht, wie ich in den konkreten Fall anpacken soll. Kann ich kurz zu Ihnen ins Büro kommen?“ Manchmal reichen uns für unsere akuten Fragestellungen in der täglichen Arbeit Gespräche mit unseren Kolleginnen und Kollegen, damit wir weiter erfolgreich tätig sein können. Oft stehen wir jedoch vor Herausforderung, auf komplexere Fragen sinnvolle und zielführende Antworten zu finden. Etwa, wie wir mit schwierigen Kunden umgehen oder wie wir Lieferanten zu mehr Termintreue bewegen können. Reicht unsere Erfahrung dafür nicht aus oder unsere Kompetenz, und Gespräche an der Kaffeemaschine oder beim Mittagessen greifen zu kurz, dann kann ein Kollegen-Coaching förderlich sein. Das Kollegen-Coaching ist dann ein möglicher Weg, Antworten auf drängende Fragen in der täglichen Arbeit zu bekommen. Es ist ein ungeeignetes Instrument, wenn es um Konflikte in einem Team geht oder wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Führungskräfte sich fachlich und persönlich weiter entwickeln möchten oder sollen. Ebenso wenig ist Kollegen-Coaching ein preiswerterer Weg als ein professionelles Coaching oder Training, wie so manche Führungskraft hofft, wenn sie auf die kollegiale Beratung setzt.

Kollegen-Coaching geht davon aus, dass ein Team von Mitarbeitern genügend Fachwissen hat, um für einen konkreten Fall aus der Praxis Lösungsvorschläge zu entwickeln und dafür keine externe Unterstützung braucht. Wesentlich ist außerdem, dass die teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einander auf kollegialer Ebene vertrauen und sich in etwa auf gleicher Eben in der Hierarchie des Unternehmens befinden. Kollegiale Beratung in Gegenwart der Vorgesetzten gelingt nur selten.

Für alle Beteiligten ist es nach den Ergebnissen von Umfragen (managerseminar 2004, Heft 81) zielführend, wenn zu Beginn mit Hilfe eines externen Beraters oder einer externen Beraterin die Spielregeln und der Ablauf definiert werden. Etwa, dass die Coaching Gruppe möglichst unter 10 Personen bleibt, wie lange das Kollegen-Coaching dauert und dass es verschiedene Rollen im Beratungsprozess gibt. Z. B. die sogenannten „Fallgebenden“, die jeweils in Ruhe ihr Anliegen vortragen, ohne dass sie jemand dabei unterbricht. Nach den jeweiligen Fragerunden versuchen die Kolleginnen und Kollegen unter der Leitung eines aus dem Kollegenkreis bestimmten Moderators verschiedene Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten, die sie den Ratsuchenden vortragen. Diese entscheiden dann selbständig und ohne sich gegenüber den Kolleginnen und Kollegen zu begründen, wie sie die von ihnen gestellten Fragen für sich beantworten und welch Lösungswege sie wählen. Und sei es, dass die Ratsuchenden eine weitere Unterstützung durch externe Berater suchen.

Checkliste

 

1.) Kollegen-Coaching kann ein erfolgreiches Instrument für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen sein, sofern ein paar Voraussetzungen vor Beginn der Beratung erfüllt sind. Etwa, dass die teilnehmenden Mitarbeiter sich grundsätzlich auf kollegialer Ebene vertrauen, zuhören können, gelernt haben, zielführende Fragen zu stellen und akzeptieren, dass sie nicht mitbestimmen, welche Lösung der Ratsuchende wählt.

2.) Kollegiale Beratung ist für das Lösen von Konflikten innerhalb eines Teams unwirksam. Ebenfalls eignet sich kollegiale Beratung nur selten, wenn der Ratsuchende ausschließlich fachliche Fragen hat. Oder wenn sich von vorneherein abzeichnet, dass es wenig Lösungsalternativen gibt.

3.) Zu Beginn des kollegialen Coachings hilft ein Berater den teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, damit sie kompetent den Beratungsprozess durchführen können.

4.) Kollegiale Beratung kann gelingen, wenn die Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen eines Unternehmens kommen oder aus anderen Teams und ähnliche Aufgaben haben, wie z. B. das Führen einer Abteilung.

5.) Umfragen (managerseminar 2004, Heft 81) haben gezeigt, dass Kollegen-Coaching ein sinnvolles Instrument sein kann. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen empfanden nach den Umfragen zu etwa 50% eine externe Beratung als effektiver und zielführender.

 

Tipps zum Lesen

managerSeminare: „Coaching durch Kollegen“, 2004, Heft 81, S. 38-46

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