Anerkennung

Charlotte M. ist Chefin einer mittelständischen PR Agentur im Großraum Frankfurt. Seit 2001 führt sie ihr Unternehmen. Allerdings registriert sie kaum, wie erfolgreich sie arbeitet. Dass sie sich selbst lobt für das, was sie in harter und jahrelanger Arbeit geschafft hat, kann sie sich nicht vorstellen. „Ich bin aufgewachsen mit dem Satz Eigenlob stinkt. Lob, das muss für mich von den anderen kommen, nicht von mir.“ Zum Beispiel von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Mich selbst anzuerkennen, nein, das geht nicht“.

Die Anerkennung durch Dritte stärkt unser Selbstbewusstsein. Wir brauchen es als soziale Wesen im Zusammenleben mit anderen, dass wir als eigenständige Person wahrgenommen und dass unsere Fähigkeiten und unserem Können durch Dritte wie beispielsweise unseren Chef oder unserer Kollegin bestätigt werden. Vor allem, wenn wir uns besonders angestrengt haben. Ein freundlicher Blick, ein konkretes Lob lösen in unserem Gehirn Botenstoffe wie Dopamin aus, weiß der Freiburger Medizinprofessor Joachim Bauer aufgrund seiner langjährigen Forschungen. Diese Botenstoffe sorgen unter anderem dafür, dass wir uns fähig fühlen, die beruflichen Herausforderungen zu packen und weiterhin erfolgreich zu arbeiten.

Manchmal reicht uns ‚normales’ Lob durch Dritte nicht aus. Wir brauchen davon über die Maßen viel. Dennoch bleibt in uns eine innere Leere, die sich nicht füllen will, obwohl wir uns gegenüber den anderen mehr und mehr verbiegen, damit wir noch mehr Lob von ihnen bekommen. Die Ursachen für die uns fehlende eigene Zufriedenheit liegen meist in der Kindheit. Etwa, wenn wir erfahren mussten, nicht zu genügen mit dem, wer wir sind und was wir können oder nicht willkommen zu sein. Als Erwachsene versuchen wir dann wie Charlotte M. von ihren ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ständig Lob zu erhalten, „um endlich das Gefühl zu bekommen, wirklich erwünscht zu sein. Ich weiß seit langem, dass ich sie damit überfordere und dennoch scheine ich damit nicht aufhören zu können“.

Fragt sich also, wie wir als Erwachsene lernen, uns selbst zu loben, wenn wir dies bislang nur selten oder gar nicht gemacht haben. Die PR-Chefin entschied sich nach langen Beratungsgesprächen dazu, in kleinen Schritten voranzugehen und ganz allmählich zu lernen, sich selbst zu loben. Mit dem Satz „das habe ich gut gemacht“, bestätigt sie sich jedes Mal, wenn es ihr etwas gelingt und sei es, dass sie sich morgens im Büro in Ruhe eine Tasse Tee kocht, bevor sie ihren Computer anschaltet. „Mein Weg ist noch lang. Aber ich kann inzwischen schon meine Mitarbeiter ohne Angst vor Ablehnung kritisieren, und ich merke dabei, wie viel Freiheit mir mein mich selbst loben können schenkt. Ich brauche nicht mehr täglich wie früher das am Ende unstillbare Gefühl, dass mich meine Mitarbeiter lieben und anerkennen“.

Checkliste

1.) Eigenlob stinkt nicht. Außer, wir sehen uns als die Allergrößten an, denen niemand anderes das Wasser reichen kann und verlieren damit den realistischen Blick auf unsere Stärken und Schwächen.

2.) Sich selbst zu loben für etwas, was wir geleistet haben, fällt vielen von uns schwer. Vielfach heißt es dann in der Beratung, „wieso, das kann doch jeder“. Statt unsere Stärken und unsere Fähigkeiten anzuerkennen, machen wir uns damit selbst klein und unbedeutend.

3.) Ohne Lob für etwas, wofür wir uns besonders angestrengt haben, werden wir unzufrieden. Und beim nächsten Mal werden wir uns vermutlich weniger engagieren. Ein Selbstlob kann dafür sorgen, dass wir zufriedener sind. Am Ende brauchen wir allerdings beides, das Lob der anderen und das Lob von uns selbst.

Tipps zum Lesen

Bauer, Joachim: Arbeit: Warum unser Glück von ihr abhängt und wie sie uns krank macht, Karl Blessing Verlag, 2013, ISBN: 9783896674746

Hein-Peter Röhr: Die Kunst, sich wertzuschätzen – Angst und Depression überwinden – Selbstsicherheit gewinnen, Patmos Verlag, 3. Auflage 2014, ISBN 9783843603911

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