Verlässlich? Ja bitte!

‚Mich nervt die Unzuverlässigkeit meines Kollegen.‘ ‚Auf die kann man sich einfach nicht verlassen.‘ ‚In unserem Beruf als Krankenpfleger kann nachlässiges Verhalten im wahrsten Sinn tödlich sein‘: Häufig wünschen sich Klienten im Coaching, sich auf den anderen verlassen zu können. Unzuverlässige Mitarbeiter, Chefs oder Kollegen beschreiben sie als schwierig auszuhalten und mehr als einmal war mangelnde Verlässlichkeit der Grund, den Arbeitsplatz zu wechseln. Vor allem, wenn sie auf den anderen angewiesen sind und darauf, dass er zuverlässig seine Arbeit tut, weil sie ansonsten ihre eigenen Aufgaben nicht oder nur unzureichend erledigen können.

Verlässlich zu sein gehört zu den sogenannten Schlüsselkompetenzen im Beruf. Wer sich als zuverlässig zeigt, ermöglicht es, dass die anderen ihm allmählich vertrauen. Er signalisiert seinen Kollegen, seinen Mitarbeitern oder seinen Vorgesetzten, dass er sie ernst nimmt und dass er weiß, wie wichtig es für sie ist, die versprochene Aufgabe pünktlich zu erledigen.

Verlässlich zu sein, heißt, gut zu organisieren, vereinbarte Termine einzuhalten oder rechtzeitig abzusagen. Sind mit Kollegen oder Mitarbeitern gemeinsam verabredete Ziele nicht zu erreichen oder nicht zum besprochenen Zeitpunkt, gilt es, dies frühzeitig zu kommunizieren, um auch künftig gut und kollegial zusammen arbeiten zu können.

Das klingt alles gut und schön. Weshalb gelingt es dann, die meisten Aufgaben verlässlich zu erledigen und andere dafür wie mit dem Roulette Schieber auf dem Schreibtisch hin und her zu bewegen? Eigentlich gilt es, die dringend anstehenden Aufgaben zu bearbeiten. Denn für Kolleginnen und Kollegen hängt viel davon ab, dass sie die Ausarbeitung pünktlich bekommen.

Mangelnde Verlässlichkeit hat unterschiedliche Ursachen. Manchmal verbirgt sich dahinter die Haltung, es ist sowieso alles egal oder, denen zeige ich, mit wem sie es zu tun haben oder, ob ich verlässlich bin oder nicht, das interessiert hier niemand, am allerwenigsten die Chefs. Oft lauert hinter scheinbarer Unzuverlässigkeit blanke Angst. Etwa, einen Fehler zu machen. Oder die eigene Phantasie, das eigene Kopfkino lässt die Aufgabe so groß werden, dass der Aufgabenberg am Ende als unüberwindbar erscheint. Die Angst vor dem Unzuverlässig sein ist dann weniger Angst auslösend ist, als den Berg erklimmen und die Aufgabe anpacken zu müssen.

Die Frage aus dem Coaching, was wohl im aller-aller-aller-schlimmsten Fall passieren könnte, wenn sie die Aufgaben weiter liegen lassen, kann Klienten helfen, aus dem selbst geschaffenen Teufelskreis wieder herauszukommen. Die Erkenntnis, dass im aller-aller-aller-schlimmsten Fall eigentlich gar nichts passiert oder zumindest nichts Schlimmes, bringt sie meistens dazu, sich selbst einen konkreten Zeitpunkt zu setzen, bis wann sie die anstehenden Tätigkeiten erfüllen. Verlässlich für andere und für sich selbst.

 

Checkliste

1.) Im Beruf verlässlich zu sein, ist unabdingbar. Auch in scheinbar wenig von Termindruck und Projekten bestimmten Berufen. Die eigene Verlässlichkeit signalisiert den anderen, dass sie Wert geschätzt sind. Dass ihre Tätigkeiten und ihre Zeitpläne ebenso wichtig und zentral sind und dass diese respektiert werden. Werden Zusagen nicht eingehalten und vereinbarte Termine als unverbindlich angesehen, dann lassen sich Aufgaben und Projekte weder rechtzeitig noch effektiv bearbeiten und erledigen. Vor allem jedoch erodieren sie das Vertrauen in den andern. Mit dem Ergebnis, dass er vermutlich die nächste passende Gelegenheit ergreift, aus der unzuverlässigen beruflichen Situation auszusteigen.

2.) Hindert die eigene Angst daran, die vorhandene Verlässlichkeit in möglichst vielen Fällen zu leben, dann kann eine Beratung, eine Therapie oder ein Coaching dabei helfen, sich die individuellen Ängste anzusehen und allmählich aufzulösen.

3.) Verlässlichkeit lässt sich ein Stück weit trainieren. Ein Selbsttraining kann z. B. sein, regelmäßig morgens pünktlich aufzustehen, um entspannt am Arbeitsplatz anzukommen. Oder das Telefon möglichst nicht länger als dreimal klingeln zu lassen, Emails zeitnah zu beantworten und auch mal Nein zu sagen, damit sich die bereits vereinbarten Termine und Ziele einhalten lassen.

4.) Sich selbst und anderen gegenüber verlässlich zu sein, hilft auch, selbstbewusster zu werden und zu sein und sich selbst immer besser kennen zu lernen. Berufliche – und private Veränderungen – wirken dann weniger verunsichernd und lassen sich besser abfedern.

Tipps zum Lesen

Wickert, Ulrich: Gauner muss man Gauner nennen Von der Sehnsucht nach verlässlichen Werten. 2007 (8. Auflage), Piper Verlag, ISBN: 9783492050210

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