Hilfe, ich muss zum Test!
„Das Studium des Wirtschaftsingenieurs hat mich gefordert und mir Freude gemacht. Jetzt soll ich im Rahmen meiner Bewerbung bei einem internationalen Autokonzern an einem Assessment Center teilnehmen, und ich weiß einfach nicht, was mich bei diesem Testverfahren erwartet“, begründete Alexander S. sein Kommen in die Beratung. Ihn hatten die Geschichten erschreckt, die er über das Auswahlverfahren gehört hatte, und er fürchtete, er würde die Übungen und Tests nicht bestehen. Überrascht und erfreut war er, als ihm im Coaching klar wurde, dass die Einladung für ihn bedeutet, das Unternehmen ist grundsätzlich an ihm interessiert und hält seine Bewerbung für erfolgsversprechend. Denn Asssessment Center sind aufwendige Auswahlverfahren, die üblicherweise ein bis zwei Tage dauern und entweder intern von der Personalabteilung eines Unternehmens selbst oder von externen Beratern durchgeführt wird.
Ziel eines Assessment Centers ist es, die Bewerber für eine Tätigkeit möglichst genau kennen zu lernen und ihre beruflichen und sozialen Qualifikationen für die ausgeschriebene Stelle zu überprüfen. Neben ihrer fachlichen Kompetenz werden die Bewerber auch dahingehend getestet, ob sie kommunikationsfähig sind, welche Problemlösungskompetenz sie haben und häufig genug, wie umfassend ihr Allgemeinwissen ist. Viele Unternehmen erwarten heute von ihren Führungspersönlichkeiten und von ihren Mitarbeitern mit intensivem Kundenkontakt mehr als nur fundiertes Fachwissen.
Alexander S. bereitete sich auf das Auswahlverfahren gründlich vor. Er trainierte im Coaching und mit seinen Freunden, wie er sich selbst vor anderen vorstellt und präsentiert, wie er sich in einer Konfliktsituation verhält, welche Herangehensweisen er wählt, wenn er in kürzester Zeit eine schwierige Aufgabe zu lösen hätte oder welche Trends sich in seinem Berufsgebiet in den kommenden Jahren abzeichnen und wie er diese einer größeren Gruppe überzeugend darlegen kann. Außerdem übte er das Abschlussgespräch und trainierte dabei, auch am Ende eines langen Prüfungstages noch aufmerksam und freundlich zu bleiben. Er versuchte sich zudem zu verdeutlichen, dass eine etwaige Absage keine Missbilligung an seine beruflichen Fähigkeiten ausdrückt, sondern viele Gründe haben kann.
Am Ende hat er die von ihm favorisierte Stelle in der Autoindustrie nicht bekommen. Inzwischen arbeitet er erfolgreich in einem großen öffentlich-privaten Energie- und Wasserversorgungsunternehmen mit guten Karrierechancen.
Checkliste
1.) Eine Einladung zu einem Assessment Center ist erst einmal ein Kompliment an einen Stellenbewerber. Üblicherweise bitten Unternehmen einen Bewerber nur dann zu dem aufwendigen Auswahlverfahren, wenn sie darauf hoffen, dadurch einen geeigneten Kandidaten zu finden.
2.) Je nach Unternehmen werden die Auswahlverfahren hausintern durchgeführt oder mit Unterstützung externen Beraterfirmen.
3.) Bei vielen Tests, z. B. dem sogenannten Postkorbtest, geht es nicht darum, ihn zu bewältigen, sondern zu zeigen, wie belastbar ein Bewerber unter Stress, unter großen Herausforderungen ist.
4.) Sich mit Freunden, Familie, einem Coach oder einem Therapeuten auf das Auswahlverfahren gründlich vorzubereiten, ist meistens hilfreich.
5.) Wichtig ist, beim Auswahlverfahren so authentisch wie möglich zu bleiben. Jeder Bewerber wird über längere Zeit beobachtet und bewertet.
6.) Trotz aller Bemühungen sind die Auswahlverfahren nicht unbedingt objektiv, sondern bringen teilweise ungenaue Ergebnisse und schätzen die Bewerber am Ende doch falsch ein. Der Arbeitskreis Assessment-Center bemüht sich darum, diese Ergebnisverfälschung mit Hilfe von Qualitätskriterien, die an die Auswahlverfahren angelegt werden, zu minimieren.
Tipps zum Lesen
Eck, Claus D., Jöri, Hans, Vogt, Marlène, Assessment-Center: Entwicklung und Anwendung, 2010, Springer Verlag, ISBN: 9783642129971