Leidenschaft gefragt

„Meine Freundin liebt ihren Beruf als Physiotherapeutin. Ich wünsche mir für mich die gleiche Leidenschaft.“ Michael B. hatte Bankkaufmann gelernt, weil er einen sicheren Beruf wollte mit guten Aufstiegschancen. „Ich habe mich allerdings schon während meiner Berufsausbildung gelangweilt.“ Jetzt, 10 Jahre später, träumt er davon, doch noch einmal neu anzufangen. „Ich könnte mir vorstellen, wie meine Freundin tätig zu sein. Aber ich traue mich nicht, meine gut bezahlte Stelle aufzugeben.“

Wenn wir uns in unseren Traumberuf verwirklichen möchten, dann sollten wir die Wortkombination „Ja – Aber“ aus unserem Wortschatz streichen. „Ja, ich wäre gerne Arzt, aber mit 33 noch ein Studium anfangen…“, „ja, ich wäre gerne Lehrer, aber der Beruf hat doch kein Renommee….“ Unser „Ja – Aber“ erzeugt eine Pattsituation und wir erreichen damit immer eins, nämlich das, was wir tun möchten, nicht zu tun, und unsere Leidenschaft für einen möglicherweise zu uns passenden Beruf definitiv zum Schweigen zu bringen. Nutzen wir dagegen unsere Leidenschaft für unsere Arbeit – oder für ein Hobby – dann kann uns die „Sache, die ihr liebt“, wie der Apple-Gründer Steve Jobs 2005 bei seiner Rede vor Absolventen der Standford Universität gesagt hat, und zu der wir ohne „Aber“ klar „Ja“ sagen, sehr viel Kraft und Befriedigung schenken. Ausnahme ist die zwanghafte, die besessene Leidenschaft, die Obsession, die auch zum Burnout führen kann.

Natürlich können wir unseren Beruf ohne jede Leidenschaft ausüben und uns ausreichend damit wohl fühlen, dass wir für unsere Tätigkeit anständig und regelmäßig bezahlt werden und Karriere machen oder gemacht haben. Das ist für viele gut und völlig richtig so. Vielleicht gibt es für uns auch nicht die große Leidenschaft, dafür viele kleine unterschiedliche Freuden im Beruf und im Privaten.

Haben wir Spaß an unserem Beruf und genießen wir es, darin gut zu sein, dann hilft uns diese Leidenschaft dabei, Rückschläge zu verkraften, und uns mit Ausdauer weiter voran zu bringen.

Hingabe an etwas lässt sich nicht erzwingen. Wünschen wir uns allerdings wie Michael B., dass wir mit Leidenschaft berufstätig sein wollen, dann sollten wir einen Beruf wählen, der uns zu einem gewissen Grad unabhängig arbeiten lässt und bei dem wir unsere Fähigkeiten einsetzen und weiter entwickeln können. Manchmal hilft bei der Suche nach unseren Fähigkeiten die Frage, was habe ich eigentlich als Kind besonders gern und mit Leidenschaft gemacht und kann ich das in meinem jetzigen Beruf, meinem Traumjob wiederfinden?

Michael B. hat sich am Ende gegen den Berufswechsel entschieden und stattdessen begonnen Bankbetriebswirt zu studieren mit besseren Karriereaussichten.

Checkliste

 

1.) Leidenschaft für den Beruf heißt, motiviert zu sein, das Beste geben zu wollen und Freude an der Arbeit zu haben. Für den Erfolg reicht Leidenschaft allein allerdings nicht aus. Hinzu gehört das Durchhalten, auch wenn es Rückschläge gibt, wenn eine Situation gar unmöglich erscheint, ein fundiertes fachliche Wissen und die Neugierde, immer wieder über den Tellerrand zu schauen und Mahner und Warner zu überhören, die nicht den Mut haben, sich für ihren Traumjob einzusetzen.

 

2.) Hingabe an den Beruf verhindert nicht, dass er auch frustrierend, langweilig und ärgerlich sein kann.

 

3.) Unternehmen, Institutionen und Behörden können die Hingabe ihrer Mitarbeiter an den Beruf fördern, indem sie ihnen bewusst Freiräume bei der Arbeit lassen, ihnen Vertrauen schenken und mit unerwarteter Belohnung ihre Anerkennung aussprechen oder zeigen. Geld ist dabei weniger wichtig als eine persönliche Wertschätzung.

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